2. Die "Kriegsverbrecher"-Prozesse der Alliierten

Wenn wir uns auch aus bestimmten Gründen mit den Nachkriegsprozessen der alliierten Sieger nicht besonders beschäftigen wollten (vgl. Oben Seiten 25f), so ist es doch unvermeidlich, daß wir uns mit einigen Aussagen aus diesen Prozessen auseinandersetzen, auf die man sich mitunter beruft, wenn von "Auschwitz" die Rede ist. Es sind ausschließlich Aussagen aus den sog. Nürnberger Prozessen der Jahre 1945 bis 1949, und zwar vor allem aus dem von allen vier Siegermächten gemeinsam durchgeführten Hauptprozeß gegen 24 Führungspersönlichkeiten des Dritten Reiches und 6 Einzelorganisationen, dem sog. IMT-Prozeß Alle weiteren, von einzelnen Siegermächten veranstalteten Gerichtsverfahren gegen Deutsche haben für unser Thema kaum Bedeutung, weil sie mit dem KL Auschwitz nichts oder nur am Rande zu tun haben. Die Protokolle aus jenen Verfahren sind, soweit sie überhaupt noch existieren, kaum zugänglich. Ihre Bedeutungslosigkeit ist im übrigen schon daraus erkennbar, daß aus ihnen in der einschlägigen Literatur so gut wie überhaupt nichts zitiert wird. Aus jenen Nebenprozessen bekannt gewordene Aussagen über Auschwitz sind so allgemein gehalten, daß sie als Geschichtsquelle nicht verwertbar sind. Dies um so mehr, weil sie weniger der Wahrheitsfindung als der Prozeßtaktik dienten, wie Butz am Beispiel der Aussage des ehemaligen SS-Hauptsturmführers Josef Kramer im Bergen-Belsen-Prozeß deutlich gemacht hat [35].

Allerdings fand gegen die Führungsmannschaft und Angehörige des Wachpersonals von Auschwitz ein besonderer Prozeß in Polen statt, in dem überwiegend Todesurteile und schwere Haftstrafen verhängt wurden [36]. Die Protokolle jenes Verfahrens sind aber meines Wissens niemals in deutscher Übersetzung vorgelegt worden. Sie schlummern in irgendeinem Warschauer Archiv, und es sind daraus -- soweit ich sehe bisher nur einzelne, nicht besonders wichtige Bruchstücke von Aussagen in die Öffentlichkeit gelangt, was wiederum beweist, wie wenig Bedeutung ihnen im allgemeinen beigemessen wird [37]. Doch bedarf es hier kaum solcher Hinweise, da kein seriöser Historiker auf den Gedanken kommen dürfte, Aussagen aus einem unter kommunistischer Regie abgehaltenen Schauprozeß als Geschichtsquelle anzusehen. Da sich dies leider nicht mit der an sich ebenfalls gebotenen Selbstverständlichkeit für gewisse Aussagen aus den Nürnberger Prozessen feststellen läßt, sind wir gezwungen, uns mit ihnen etwas näher zu befassen.

Hierbei kommt uns zustatten, daß wir über den wichtigsten dieser Prozesse, den IMT-Prozeß gegen die sog. "Hauptkriegsverbrecher", auf Grund der 42 gedruckten Protokollbände verhältnismäßig gut Bescheid wissen. Bei einer Durchsicht dieser Protokolle müssen wir allerdings zu unserer Überraschung feststellen, daß das Internationale Militär-Tribunal bzw. die Anklagebehörden der vier am Prozeß beteiligten Siegermächte sich offensichtlich nicht einmal bemühten, die zweifellos wichtigsten Augenzeugen für das angebliche Vernichtungslager Auschwitz ausfindig zu machen. Gemeint sind hier die beiden Verfasser des ersten Berichts über Birkenau aus dem sog. WRB-Report, der mit seiner Darstellung der Gaskammern und Krematorien von Birkenau ursprünglich die Grundlage für die Behauptung von Judenvernichtungen in AuschwitzBirkenau abgegeben hatte, eine Rolle, die später -- wie wir noch sehen werden -- die angeblichen Aufzeichnungen des ehemaligen Kommandanten von Auschwitz Rudolf Höß übernehmen sollten. Nicht einmal der WRB-Report als solcher wurde -- abgesehen von einer darin enthaltenen höchst fragwürdigen Totenstatistik (vgl. oben Seite 124 und Anmerkung 172 zu Kapitel 2) -- als Beweismittel zu den Prozeßakten genommen. Der Grund hierfür ist vermutlich darin zu sehen, daß der Report nicht nur in sich selbst widerspruchsvoll ist, sondern auch in einem gewissen Widerspruch zu einem "Dokument" stand, das die Sowjets zum Prozeß beisteuerten, dem "Bericht der Sowjetischen Kriegsverbrechen-Kommission" (Dokument 008-USSR), auf dessen Inhalt ich weiter unten noch zurückkommen werde.

Aber auch sonst bemühte man sich um wichtige "Augenzeugen" nicht, und das erscheint durchaus verständlich, wenn man bedenkt, wie widersprüchlich und zum Teil völlig unwahrscheinlich die damaligen Berichte über Auschwitz waren. Angesichts dieser Sachlage entschloß man sich vermutlich, nicht so sehr die Einzelheiten der angeblichen Massenvernichtung in Auschwitz, sondern vorerst nur die "Tatsache" als solche "festzustellen". Für die angeblichen "Gaskammern" im Altreichsgebiet hatte man ohnehin genügend einheitlich ausgerichtete "Zeugen" und konnte sich -- im Gegensatz zu Auschwitz -- die entsprechenden Räume selbst schaffen, damit Bevölkerung, Politiker und Journalisten den richtigen Anschauungsunterricht zu den "Ergebnissen" der Prozesse bekamen. Die "vtYbernichtungsanlagen" von Auschwitz bedurften unter diesen Umständen- so dachte rn'an wohl -- keiner näheren Erläuterung. Denn so, wie es überall war, mußte es selbstverständlich auch in Auschwitz gewesen sein, nur in viel größerem Maßstab! Darauf legte man sich bereits damals fest [38].

Maßgebend für die auffällige Zurückhaltung des Tribunals bei der Aufklärung des Auschwitz-Sachverhalts waren vielleicht auch die unqualifizierten Aussagen von zwei Zeuginnen gleich zu Beginn der Beweisaufnahme. Denn diese ehemaligen weiblichen Birkenau-Häftlinge brachten Einzelheiten zur Sprache, die teils unglaubwürdig waren und teils nicht in den Rahmen der Legende paßten, wie sie durch den Hauptbericht des WRB-Reports vorgegeben war. Das konnte der Sache dieses Prozesses im ganzen wenig dienlich sein.

Da war zunächst als Zeugin der französischen Anklagebehörde die damalige französische Parlamentsabgeordnete Claude Vaillant-Couturler aufgetreten [39]. Sie verlegte "die" Gaskammer von Birkenau -- also eine einzige ! -- in den Block 25, der nach dem Lagerplan von Smolen im Frauenlager (Abschnitt B Ia) von Birkenau lag, und zwar weit ab von den Krematorien, die nach der Legende mit den Gaskammern verbunden gewesen sein sollen [40]. Auch Smolen bezeichnet diesen Block als "Todesblock", jedoch in dem Sinne, daß dort die unheilbar kranken, zur "Vergasung" bestimmten Häftlinge zunächst zusammengefaßt worden seien, bevor sie mit Lastwagen zu den Gaskammern der Krematorien gefahren wurden [41]. Wahrscheinlich handelte es sich bei dieser Baracke um eine Art Krankenrevier, wie es sie z. B. auch in jedem Lager des damaligen Reichsarbeitsdienstes gab.

An anderer Stelle ihrer Vernehmung führte die Zeugin aus [42]:

"... als wir 1944 in dem Block der Näherinnen arbeiteten, lag unser Block, in dem wir wohnten, gegenüber der Ankunftsstelle der Züge. Man hatte das ganze Verfahren verbessert; anstatt die Auswahl bei der Ankunftsstelle vorzunehmen. brachte ein Abstellgeleise den Zug fast bis zur Gaskammer, der Zug hielt also etwa 100 Meter vor der Gaskammer. Das war genau vor unserem Block, aber natürlich durch zwei Reihen Stacheldraht getrennt."

Über die genaue Lage dieser "Gaskammer" ist damit zwar immer noch nichts gesagt, jedenfalls lag aber die hier von der Zeugin erwähnte "Gaskammer" offensichtlich nicht in einem der Krematorien, wie sonst stets behauptet wird. Denn nachdem sie die Vorgänge nach Ankunft eines Judentransports beschrieben hat, fährt die Zeugin fort [43]:

"Diejenigen, die für die Gaskammern" -- es sind jetzt auf einmal mehrere! "ausgesucht worden waren, das heißt die alten Leute, Kinder und Mutter, wurden in ein... Gebäude aus roten Ziegeln gebracht, auf dem die Inschrift ›Bad‹ stand. Dort hieß man sie sich ausziehen und gab ihnen ein Handtuch, bevor sie in das angebliche Duschzimmer geführt wurden... Nachdem die Leute ausgezogen waren, führte man sie in einen Raum, der wie ein Duschzimmer aussah, und durch ein Loch in der Decke wurden die Kapseln in den Raum hinabgeworfen. Durch ein Guckloch beobachtete ein SS-Mann die Wirkung. Nach ungefähr 5 bis 7 Minuten, wenn das Gas sein Werk getan hatte, gab er ein Signal zur Offnung der Türe. Männer mit Gasmasken, es waren auch wieder Häftlinge, kamen herein und brachten die Leichen heraus. Sie haben uns erzählt, daß die Häftlinge vor ihrem Tod gelitten haben müssen, denn sie waren zu Trauben aneinander geklammert, so daß es schwer war, sie voneinander zu trennen..."

Ein "Gebäude aus roten Ziegeln" enthielt also die "Gaskammer" oder die "Gaskammern"; jeder mag selbst entscheiden, wie viele es denn nun waren. Das Gericht stellte ebenso wie der Ankläger insoweit keine Fragen und wird auch die übrigen Ausführungen dieser Zeugin mit gemischten Gefühlen angehört haben. Wohl unbeabsichtigt an ihrer Darstellung ist der Eindruck, daß die Gaskammer doch recht klein gewesen sein muß, da sie von einem "Zimmer" und auch nur von einem "Loch in der Decke", durch das "Gaskapseln" eingeworfen wurden, spricht. Das alles paßt überhaupt nicht zu den gewöhnlich verbreiteten Darstellungen und den Millionenvergasungen, die Auschwitz seit dem Erscheinen des WRB-Reports damals schon angedichtet wurden.

Auch hinsichtlich der Zahl der Krematorien legte die Zeugin sich nicht fest und Ankläger Dubost wie auch das Gericht vermieden es hier ebenfalls, durch entsprechende Fragen Klarheit zu schaffen. Sie bemerkte nur recht allgemein, daß Auschwitz "acht Verbrennungsöfen" gehabt habe, die allerdings "ab 1944 nicht mehr ausreichend" gewesen seien. Die Leichen seien deshalb von da ab auch in großen Gruben verbrannt worden, in denen zuvor "mit Benzin übergossenes Reisig" angezündet worden sei [44].

Immerhin dachte diese Zeugin an den zur Leichenverbrennung erforderlichen Brennstoff, über den sonst bis auf den heutigen Tag kaum ein Wort verloren wird. An Phantasie fehlte es dieser Zeugin keinesfalls, wenn sie auch außer acht ließ, daß das Reich es sich jedenfalls im Jahre 1944 nicht mehr leisten konnte, Benzin zum Zwecke der Leichenverbrennung zu vergeuden. Und schließlich steigert sich die uferlose Redseligkeit der Zeugin, die wohl niemand erwartet hatte, ins Dramatische [45]:

"Von unserem Block aus sahen wir ungefähr dreiviertel bis eine Stunden nach der Ankunft eines Transports hohe Flammen aus dem Verbrennungsofen emporschlagen und den Himmel durch die brennenden Gräben leuchten.
Eines Nachts wurden wir durch furchtbare Schreie aufgeweckt. Am nächsten Tag haben wir von den Männern, die im Sonderkommando, dem Gaskommando, arbeiteten, erfahren, daß sie am Abend vorher lebendige Kinder in den Scheiterhaufen geworfen hätten, da nicht mehr genügend Gas vorhanden war. "

Das war nun freilich -- für jeden erkennbar -- das reinste Gruselmärchen. Interessant wäre es gewesen, von der Zeugin Näheres über das Aussehen jener "Verbrennungsöfen" zu erfahren, aus denen "hohe Flammen" emporschlugen. Auch ist nicht recht einzusehen, was die "brennenden Gräben" mit dem Verbrennungsofen zu tun hatten. Aber anscheinend wollte das damals niemand so genau wissen. Die Zeugin wurde auch hiernach nicht gefragt.

Es erscheint müßig, diese ganze offensichtlich auf Grund der verschiedensten Gerüchte frei erfundene Aussage im einzelnen noch weiter zu betrachten. Auf die am Schluß ihrer Vernehmung von dem Verteidiger Dr. Marx gestellte Frage nach ihrem vor dem Kriege ausgeübten Beruf antwortete die Zeugin, sie sei Journalistin gewesen [46]. Diese Antwort dürfte alles erklären. Denn Phantasie, Weitschweifigkeit und Unwahrhaftigkeit sind in diesem Beruf wie in keinem anderen anzutreffen, womit allerdings nicht gesagt sein soll, daß es nicht auch verantwortungsbewußte Journalisten gibt. Die Zeugin Vaillant-Couturier gehörte jedenfalls nicht dazu. Sie berichtete auch über "Vergasungen" im KL Ravensbrück in gleicher Ausführlichkeit, was ihre "Glaubwürdigkeit" gewissermaßen abrundet [47].

Von der russischen Anklagebehörde wurde eine gewisse Severina Schmaglewskaja als Birkenau-Zeugin aufgeboten. Sie berichtete u.a., wie mit den in Birkenau ankommenden jüdischen Kindern verfahren wurde [48]. Wahrscheinlich glaubte sie, einen besonders wirksamen Beitrag zum Prozeß zu leisten, als sie erklärte:

"Ich arbeitete sehr nahe am Eisenbahngeleise, das zum Krematorium führte. Manchmal kam ich morgens in die Nähe der deutschen Latrinen und von dort konnte ich sehen, wie die Transporte einliefen. Da habe ich beobachtet, daß zusammen mit ins Konzentrationslager eingelieferten Juden, auch viele Kinder ankamen, manchmal waren es Familien, und zwar Familien mit mehreren Kindern... Die Frauen aber, die Kinder auf den Armen trugen oder Kinderwagen schoben, und diejenigen, die erwachsene Kinder hatten, wurden zusammen mit diesen Kindern ins Krematorium geschickt. Die Kinder wurden vor den Krematorien von den Eltern getrennt und gesondert in die Gaskammern geführt.
Zu der Zeit, als die meisten Juden in Gaskammern vernichtet wurden, wurde ei n Befehl erlassen, die Kinder in die Of en des Krematoriums oder in die Gräben um das Krematorium herum zu werfen, ohne sie vorher zu vergasen."

Diese letzte Behauptung hielt selbst der russische Anklagevertreter, Oberjustizrat Smirnow, offenbar für übertrieben. Doch auf seine entsprechende Frage bekräftigte die Zeugin nochmals:

"Jawohl, die Kinder wurden lebend in den Graben geworfen. Das Geschrei dieser Kinder konnte man im ganzen Lager hören. Es ist schwer zu sagen, wieviele Kinder auf diese Weise umgekommen sind."

Damit machte sie ihre Aussage zweifellos nur noch unglaubwürdiger und widersprach auch dem bisherigen propagandistischen Bestreben. die ganze Judenvergasung als Geheimaktion hinzustellen. Denn es wäre wohl wenig sinnvoll gewesen, mit dem so provozierten Geschrei dieser Kinder die der Legende nach angestrebte Unauffälligkeit der ganzen Judenvernichtungsaktion in Frage zu stellen. Und wenn die Zeugin die dem Gerücht nach in einem Birkenwald außerhalb des Lagers befindlichen Verbrennungsgräben für Leichen jetzt "um das Krematorium her um" plazierte, so mußte auch das als völlig unsinnig erscheinen und paßte nicht ins Bild.

Übrigens wurden -- wie ein sowjetisches Dokumentarfoto zeigt [49] (vgl. Bildteil) -- bei der Besetzung von Auschwitz durch die Rote Armee auch zahlreiche "Kinderhäftlinge" befreit, die sich offensichtlich in einem so ausgezeichneten Ernährungszustand befanden, wie er bei deutschen Kindern in den zerbombten Städten des Reichs in den letzten Kriegsjahren kaum noch zu beobachten war. Ebenso ist die schon nahezu legendäre Anne Frank, die mit ihrer Familie im September 1944 nach Auschwitz kam, dort nicht "vergast" worden. Sie wurde vielmehr etwa einen Monat danach nach Bergen-Belsen verlegt [50].

Man kann sich lebhaft vorstellen, wie peinlich solche überzogenen Zeugenaussagen mit ihren Widersprüchen und Ungereimtheiten dem Tribunal sein mußten. Mußten sie doch, wenn das so weiterging, die ganze so sorgsam aufgebaute Legende nicht nur fragwürdig erscheinen lassen, sondern sogar ins Lächerliche ziehen. So legte man denn danach auf solche Zeugen, von denen Einzelheiten über das "Vernichtungslager Auschwitz" zu erwarten waren, keinen Wert mehr. Es wurde dafür gesorgt, nur noch recht allgemein gehaltene Bestätigungen für die Judenvernichtungslegende zu erhalten.

Vor allem schien es Anklägern und Tribunal darauf anzukommen, "Beweise" dafür zu erhalten, daß Auschwitz als Zentrum der Judenvernichtung ausersehen war. Kaltenbrunner, der während der beiden letzten Kriegsjahre Chef des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) gewesen war, weigerte sich allerdings hartnäckig, zuzugeben, von einem solchen Plan etwas gewußt zu haben. Er machte geltend, im wesentlichen nur für den in- und ausländischen Nachrichtendienst seines Amtes zuständig gewesen zu sein. Alle polizeilichen Exekutivmaßnahmen habe sich Himmler vorbehalten. Das KL Auschwitz habe er selbst niemals besucht [51].

Ebenso unergiebig waren die Angaben des früheren Gestapo-Chefs aus dem Auschwitz benachbarten Kattowitz, des ehemaligen Oberregierungsrats Rudolf Mildner. Es besagt wenig, wenn er in einer eidesstattlichen Erklärung bestätigte, ihm seien im Lager Auschwitz "Vernichtungseinrichtungen" gezeigt worden [52].

Auch ein Krematorium ist, wenn man so will, eine Vernichtungseinnchtung- genauer gesagt: eine Einrichtung zur Einäscherung von Leichen, ohne daß damit etwas über deren Todesursachen gesagt ist. Jede großere Stadt der Welt besitzt mindestens eine solche Möglichkeit. Auch für den KL-Komplex Auschwitz mit seinen zahlreichen Lagern und Hundertausenden von Häftlingen war eine solche Einrichtung daher nichts Ungewöhnliches, zumal da in der Auschwitz-Region ständig schwere Seuchen grassierten, die laufend ihre Opfer -- auch unter der SS und der Bevölkerung -- forderten. Obwohl in der ganzen Aussage Mildners kein Wort darüber zu finden ist, wird sie verschiedentlich dahin interpretiert, daß er die Gaskammern in Funktion gesehen habe [53].

Zwei andere hochrangige ehemalige SS-Führer bestätigten dagegen dem Tribunal bereitwilligst die angeblich geplanten Judenvernichtungen und bezeichneten Auschwitz als den Mittelpunkt dieser Aktion. Es handelte sich um den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Wilhelm Höttl, von dem bekanntlich auch die Sechs-Millionen-Zahl stammt [54], und um den ehemaligen SS-Hauptsturmführer Dieter Wisliceny [55]. Beide waren Mitarbeiter des im Zeitpunkt des Prozesses untergetauchten SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann gewesen, dem damals wie heute eine Schlüsselrolle bei der angeblichen Judenvernichtung beigemessen wurde. Was Höttl und Wisliceny berichteten, wollten sie allerdings von Eichmann nur gehört haben. Da Eichmann selbst ihre Angaben, die in keinem Dokument eine Bestätigung finden, in seinem Jerusalemer Prozeß bis zuletzt bestritten hat, können sie nicht als beweiskräftig gelten [56]. Im IMT-Prozeß waren sie natürlich hochwillkommen. Es gehörte jedoch -- wie man heute weiß -- in allen Prozessen dieser Art zur Prozeßtaktik von Angeklagten und Zeugen, das Gericht dadurch günstig zu stimmen, daß man den vom Gericht als bereits feststehend angenommenen Grundtatbestand zwar nicht ableugnete, ja in vielen Fällen sogar bestätigte, die eigene Beteiligung daran aber bestritt oder doch zumindest im Sinne eines Befehlsnotstandes interpretierte. Die eigentliche Verantwortung schob man nach Möglichkeit jenen zu, die -- wie hier Eichmann -- unauffindbar oder schon tot waren. Diese Prozeßtaktik war bei der damaligen Hysterie zumeist die einzige Möglichkeit, sich selbst zu schützen; sie hatte freilich auch nicht in allen Fällen Erfolg. Aus diesem Grunde muß aber allen Aussagen aus jenen Prozessen schon von vornherein mit größter Skepsis begegnet werden [57].

Nichts anderes kann für das Affidavit des Rechtsanwalts Werner Paulmann, eines ehemaligen SS-Richters in Kassel, gelten, das die ebenfalls nicht aus eigenem Wissen stammende Bekundung enthält, in Auschwitz seien, wenn auch erst sehr spät, Vergasungen bekannt geworden [58]. Er hielt sich damit auf der Linie seiner Kollegen Dr. Reinicke und Dr. Morgen, auf deren mehr in Einzelheiten gehendes Zeugnis wir weiter unten noch zu sprechen kommen.

Desgleichen gehört das Affidavit des ehemaligen SS-Standartenführers Kurt Becher in die Reihe dieser Aussagen vom reinen Hörensagen. Er berichtete über die Aufhebung des angeblichen Vernichtungsbefehls durch Himmler, die er selbst bei Himmler "erwirkt" haben wollte. Die selbstrettungsfunktion dieser Aussage ist zu offensichtlich, als daß man ihr irgendeine Bedeutung beimessen könnte. Becher war an Deportationen ungarischer Juden beteiligt, deren angebliche "Vergasung" in Auschwitz Butz in einem besonderen Kapitel seines Buchs überzeugend widerlegt hat.

Andere Gründe hatte es dagegen, wenn der einstige Leiter des Wirtschaftsverwaltungshauptamtes der SS (WVHA), SS-Obergruppenführer Oswald Pohl, Judenvernichtungen bestätigte. Pohl hatte nämlich, wie der US-amerikanische Senator Joseph McCarthy am 20. Mai 1949 der amerikanischen Presse mitteilte, die ihn selbst belastenden Erklärungen erst unterschrieben, nachdem er so lange gefoltert worden war, bis er seine "Schuld" bekannte [59]. Aus seinem Affidavit vom 15. Juli 1946 geht hervor, daß das von Reichsminister Funk geleitete Reichswirtschaftsministerium Textilien und Schmucksachen von in den KL getöteten Juden erhalten habe, und zwar in den Jahren 1941/42 auch aus dem "Vernichtungslager Auschwitz" [60]. Schon die Datierung dieser Vorgänge erweist ihre Unglaubwürdigkeit. Denn Judendeportationen nach Auschwitz erfolgten in größerem Umfang erst ab Frühjahr 1942. Die Wannsee-Konferenz, die der organisatorischen Vorbereitung der Judendeportationen in die besetzten Ostgebiete diente, fand im Januar 1942 statt. Doch war zur Zeit des IMT-Prozesses davon offenbar noch nichts bekannt. Das sog. Wannsee-Protokoll wurde von US-Ankläger Kempner erst im späteren Nürnberger Wilhelmstraßen-Prozeß vorgelegt. Entsprechend wird daher auch der Beginn der angeblichen Judenvernichtungen in Auschwitz frühestens in das Frühjahr 1942 datiert; vorher waren dort nur verhältnismäßig wenig Juden inhaftiert [61].

Den Angeklagten des IMT-Prozesses wurde sogar ein Film vorgeführt, der zeigte, wie Amerikaner die von Pohl erwähnten Schmucksachen der getöteten Juden in einem Tresor der Reichsbank "entdeckten" und sicherstellten. Erst im Wilhelmstraßen-Prozeß kam heraus, daß dieser Film nichts weiter als ein Bluff der Amerikaner gewesen war; die Amerikaner hatten ihn selbst gedreht und auch die Requisiten -- Goldzähne und Schmuck der angeblich getöteten Juden -- zu diesem Zweck selbst in den Reichsbanktresor gelegt. Bis heute weiß niemand, wo sie diese Dinge zusammengestohlen hatten [62].

Man ersieht auch daraus, was das "Geständnis" Pohls wert war, das damals der Belastung des Reichsministers Funk dienen sollte. Dieser blieb freilich trotz dieser "Beweismittel" dabei, von all dem nichts gewußt zu haben, und wenigstens seine Mitangeklagten glaubten es ihm, wie Fritzsche berichtete [2]. Pohls Affidavit ist übrigens- was bemerkenswert ist -- von dem einstigen preußischen Oberregierungsrat und damaligen amerikanischen Anklagegehilfen Robert M. W. Kempner als Zeugen gegengezeichnet. Er ist bekannt dafür, Aussagen erpreßt zu haben [63].

Mit Pohls "Geständnis" hatte man einen weiteren Scheinbeweis für den behaupteten Judenmord in der Hand, der damals nicht zu unterschätzen war. Denn Pohl als Leiter des WVHA war für die gesamten Verwaltungsangelegenheiten der KL zuständig, mithin auch für den Bau der Krematorien und der angeblich damit verbundenen Gaskammern. Den Rang einer Geschichtsquelle kann indessen auch dieses Zeugnis allen Umständen nach nicht haben.

Übrigens wurde Pohl von den SS-Zeugen Dr. Reinicke und Dr. Morgen -- offensichtlich der Wahrheit zuwider -- im IMT-Prozeß schwer belastet, vermutlich weil sie ihn für tot hielten und der damaligen Prozeßtaktik zufolge einen "Sündenbock" zu präsentieren suchten, dem man nichts mehr anhaben konnte. Indessen lebte Pohl noch, wurde aber gleichwohl nicht persönlich als Zeuge vorgeführt. Das Risiko, daß er sein schriftliches "Geständnis" widerrief und sich möglicherweise auch noch über die ihm zugefügten Mißhandlungen beschwerte, wollte die Anklagebehörde denn doch nicht eingehen. In dem nachfolgenden KL-Prozeß wurde Pohl von dem amerikanischen Militärgericht am 3. November 1947 zum Tode verurteilt. Auf wie schwachen Füßen dieses Urteil stand. zeigt die Tatsache, daß er erst am 8. Juni 1951 hingerichtet wurde [64]. Er gehörte zu den letzten Männern, die dem amerikanischen Henker ausgeliefert wurden. Wahrscheinlich mußte er sterben, um nicht mehr über das reden zu können, was er in der amerikanischen Haft hatte erdulden müssen [65].

Ein besonders trübes Kapitel aus dem IMT-Prozeß ist die Vernehmung der ehemaligen SS-Richter Dr. Reinicke und Dr. Morgen, die zwar als Entlastungszeugen der als Organisation angeklagten SS aufgeboten waren, sich dabei aber zu historisch unhaltbaren Feststellungen hinführen ließen. Auch der SS-Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Pelckmann, spielte hierbei eine nicht gerade rühmliche Rolle.

So machte Dr. Pelckmann dem Zeugen Reinicke den unnötigen und völlig unangebrachten Vorhalt, daß vor dem Tribunal der Beweis für die Ermordung von Millionen Juden "in den Gaskammern von Auschwitz und anderswo" erbracht worden sei. In der damaligen Situation einem solchen Vorhalt zu widersprechen, hätte dem Zeugen mit Sicherheit erhebliche Nachteile eingebracht. Er stellte deshalb erwartungsgemäß diesen vorgeblichen Tatbestand nicht in Abrede, bestätigte aber dem Verteidiger, was offensichtlich das Ziel der Verteidigung war, daß für die Judenmorde nicht die SS als Organisation, sondern nur ein kleiner Kreis von bestimmten Personen verantwortlich gewesen sei. Die SS-Gerichte hätten diese Vorkommnisse verfolgt, sobald sie davon erfahren hätten. So habe im Spätherbst 1944 ein weiblicher Schutzhäftling von Auschwitz namens Eleonora Hodis vor einem SS-Richter eine "grauenerregende Aussage" gemacht, die als "Grundlage eines Verfahrens gegen Höß und viele andere" habe dienen sollen. Infolge des Zusammenbruchs des Reichs seien diese Ermittlungen allerdings nicht mehr zum Abschluß gekommen [66].

Das Stichwort "Eleonora Hodis" war wiederum vom Verteidiger gegeben worden, der seltsamerweise auf diese Zeugin, wie er dem Gericht erklärte, in einem in der Gerichtsbücherei stehenden Buch mit dem Titel "SS-Dachau" gestoßen war. Zumindest hätte nun sofort diese Zeugin zitiert werden müssen. Statt dessen unternahm der Gerichtsvorsitzende jedoch alle Anstrengungen, Zeugin und Buch aus dem Verfahren herauszuhalten. Es kam auch niemals zur Sprache, was denn nun im einzelnen der Inhalt der Aussage von Eleonora Hodis gewesen war, und das, obwohl diese Aussage von Reinicke mehrfach als "grauenerregend" bezeichnet wurde [67].

Reinicke selbst, das kam während seiner Vernehmung immer deutlicher zum Ausdruck, kannte Einzelheiten über die angeblichen Massenvernichtungen in Auschwitz und anderswo überhaupt nicht und verwies insoweit immer wieder auf den ihm unterstellten SS-Richter Dr. Morgen, der mit "den Organen der... Massenvernichtung selbst gesprochen" und einen "tiefen Einblick in alle diese Dinge" gewonnen habe. Bemerkenswert ist übrigens, daß Reinicke auf die Frage, wann er zum ersten Mal von dem Vorhandensein einer (!) Gaskammer in Auschwitz erfahren habe, zur Antwort gab, das sei Ende Oktober/Anfang November 1944 gewesen [68]. Damals sollen nämlich, wie heute allgemein behauptet wird, die Vergasungen von Juden auf Befehl Himmlers bereits eingestellt gewesen sein (siehe oben Seite 23 und Anmerkung 48 zu Kapitel 1).

Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß die Aussage Reinickes das typische Beispiel einer mit der Verteidigung abgesprochenen Gefälligkeitsaussage war, die zugleich auch den eigenen Kopf des Zeugen retten sollte, der sich damit eine Art Widerstandsgloriole zulegte. Es ist erschütternd, zu sehen, wie selbst hohe SS-Führer auf diese Weise letztlich dem Prozeßziel dienten, die angeblich einmaligen deutschen "Verbrechen" zu "beweisen". Vor dem Forum der Geschichte allerdings können Aussagen dieser Art keinerlei Bedeutung haben, weil sie erkennbar nur prozeßtaktischen Zwecken dienten und nachprüfbare Einzelheiten nicht enthalten [69].

Ebenso wie Reinicke suchte der ehemalige SS-Richter Dr. Konrad Morgen die SS als Organisation zu "entlasten", indem er die auch von ihm eingeräumten Judenvernichtungen als Geheimaktionen auf das Schuldkonto bestimmter Einzelpersonen schob, die entweder nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden konnten oder -- wie Rudolf Höß, der einstige Auschwitz-Kommandant -- bereits ein "Geständnis" abgelegt hatten. Er machte sogar einige Einzelangaben über die angeblichen "Todesfabriken" von Auschwitz, die indessen -- wie wir sehen werden -- die Dinge erst recht verwirrten und offensichtlich ebensowenig auf eigenen Feststellungen beruhten, wie seine Schilderungen über andere "Vernichtungslager", bei denen er wenigstens zugab, insoweit nur Gehörtes weiterzugeben [70].

Von Morgen stammen zunächst zwei Affidavits. In seinem Affidavit SS-65 vom 13. Juli 1946 gab er Auskunft über die angebliche Technik des "Vernichtungssystems" auf Grund von Mitteilungen, die er von dem Reichsarzt SS, dem SS-Gruppenführer Grawitz, erhalten haben wollte [71]. In seinem Affidavit SS-67 vom 19. Juli 1946 legte er die "Verantwortlichkeiten" für den "Vernichtungsplan" dar, wobei er im einzelnen Hitler, Himmler, Höß und Eichmann nannte [72]. Auch insoweit berief er sich auf Angaben von Dr. Grawitz. Da dieser damals -- wie könnte es anders sein! -- bereits tot war, konnte er Morgens Aussagen weder bestätigen noch dementieren. Nach seinen Affidavits erscheint auch Morgen also zunächst nur als Zeuge vom Hörensagen. Das änderte sich indessen mit seiner persönlichen Vernehmung am 8. August 1946 [73], nachdem Reinicke ihn einen Tag zuvor als bestinformierten Zeugen für die Massenvernichtungen hingestellt hatte. Seine mündliche Aussage vor dem Tribunal entsprach inhaltsmäßig fast vollkommen seinen beiden Affidavits, die allerdings weniger ausführlich waren. Zwei wesentliche Abweichungen fallen jedoch auf. Einmal ließ Morgen bei seiner Vernehmung als Zeuge in keiner Weise mehr erkennen, daß er die meisten Einzelheiten von Dr. Grawitz hatte. Zum anderen hatte er in seinen Affidavits das Auschwitzer "Vernichtungslager" nicht näher lokalisiert, während er sich nun bei seiner mündlichen Aussage damit eindeutig festlegte, und zwar im Widerspruch zur Legende.

Was Morgen im einzelnen zu dem Komplex "Todesfabriken von AUschwitz "bei seiner persönlichen Vernehmung zum besten gab, ist so aufschlußreich, daß es hier wenigstens auszugsweise wiedergegeben werden muß. Denn seine Angaben sind ein weiteres anschauliches Beispiel dafür, daß alles "Wissen" über die angeblichen Todesfabriken völlig aus der Luft gegriffen war. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß Morgen neben Höß gern als einer der zuverlässigsten und glaubwürdigsten Zeugen für die Judenvernichtung in Auschwitz hingestellt wird.

Morgen erklärte dem Tribunal, daß er "Ende 1943 oder Anfang 1944" selbst in Auschwitz gewesen sei, um dort Ermittlungen gegen Ss-Angehörige durchzuführen. Was er damals bei der Ankunft eines JudentransportS angeblich beobachtet hatte, schilderte er so [74]:

"Es standen neben dem Ausladeplatz mehrere Lastkraftwagen und der betreffende Arzt stellte den Ankömmlingen anheim, diese Wagen zu benutzen. Er sagte aber, daß nur Kranke, alte Personen, Frauen mit Kindern davon Gebrauch machen dürften. Nun drängten sich diese Personen zu den ihnen bereitgestellten Fahrgelegenheiten. Er brauchte also nur noch die Personen zurückzuhalten, die er nicht zur Vernichtung schicken wollte. Diese Lastkraftwagen fuhren dann ab. Sie fuhren nicht in das Konzentrationslager Auschwitz, sondern in eine andere Richtung, in das einige Kilometer entfernte Vernichtungslager Monowitz. Dieses Vernichtungslager bestand aus einer Reihe von Krematorien. Diese Krematorien waren von außen als solche nicht erkennbar. Man konnte sie für Groß-Badeeinrichtungen halten. Das wurde auch den Häftlingen bekanntgegeben. Diese Krematorien waren mit einem Stacheldrahtzaun umgeben und wurden innen bewacht durch die bereits erwähnten jüdischen Arbeitskommandos."

Obwohl Morgen das alles als eigene Beobachtung hinstellt, ist unverkennbar, daß er nur von anderen Gehörtes wiedergibt. Er kann jedenfalls den Weg, den die Lastkraftwagen nahmen, nicht selbst weiterverfolgt haben. Er hatte auch seine "Lektion" offensichtlich nicht genau gelernt. So schilderte er die sog. "Selektion" nach Ankunft eines Häftlingstransports -- er nennt sie übrigens im Gegensatz zum angeblichen Sprachgebrauch "Aussortierung nach Arbeitsfähigen und Arbeitsunfähigen" -- ganz anders als dies sonst geschieht, indem er die Häftlinge sich gewissermaßen selbst "selektieren" läßt. Vor allem aber bezeichnete er Monowitz und nicht Birkenau als das "Vernichtungslager", was in eindeutigem Widerspruch zur Legende stand. Und das war nicht etwa nur ein "Versprecher"! Morgen fuhr nämlich fort [75]:

"Die Häftlinge, die abmarschierten in das Konzentrationslager, hatten keinen Hinweis dafür, wohin die anderen Häftlinge verbracht wurden. Das Vernichtungslager Monowitz lag weit von dem Konzentrationslager entfernt. Es befand sich in einem weitläufigen Industriegelände und war als solches nicht zu erkennen, und überall am Horizont standen Schornsteine und es rauchte. Das Lager selbst war außen bewacht durch eine Spezialtruppe von Männern aus dem Baltikum, Esten, Litauern und Ukrainern. Die ganze technische Durchführung lag fast ausschließlich in den Händen der dazu bestimmten Häftlinge selbst, die nur jeweils durch einen Unterführer bewacht wurden."

Während Morgen vollkommen richtig das Lager Monowitz als in einem weitläufigen Industriegelände gelegen beschreibt, bleibt er also dabei, daß hier das "Vernichtungslager" gewesen sei. Auch im weiteren Verlauf seiner Aussage spricht er noch mehrfach in diesem Zusammenhang von Monowitz, während der Name "Birkenau" bei ihm nicht ein einziges Mal auftaucht. Das ist mehr als merkwürdig. Allerdings mögen die seiner Aussage zufolge "überall am Horizont" rauchenden Schornsteine viel zur Entstehung der Gerüchte über die Massenvernichtungen von Juden beigetragen und möglicherweise nicht zuletzt bei Morgen selbst eine entsprechende Vorstellung erzeugt haben. Eigenes Wissen hierüber hatte er jedenfalls nicht. Seine Ausführungen lassen hieran keinen Zweifel. In Monowitz befand sich u. a. die neu errichtete Bunafabrik, die für die deutsche Kriegswirtschaft besonders wichtig war. Es ist daher durchaus möglich, daß dieser Teil des Lagergeländes noch besonders eingezäunt und bewacht war, wie Morgen es beschrieben hat.

Es ist eigenartig, daß der Zeuge Morgen vom Gericht nicht auf seinen "Irrtum" hingewiesen wurde, zumal da der ehemalige Auschwitzkommandant Höß bereits vorher unmißverständlich Birkenau als den Ort der Judenvernichtung bezeichnet hatte oder hatte bezeichnen müssen [76]. Man wollte die Dinge wohl nicht unnötig komplizieren und auch nicht weitere Widersprüche herausfordern. Deshalb wurde der Zeuge Morgen vermutlich auch nicht nach der Anzahl der Krematorien und Gaskammern befragt, über die er sich nicht geäußert hatte. Dabei wäre gerade die Klärung dieser Frage doch von erheblicher Bedeutung gewesen. zumal da auch Höß hierzu keine Angaben gemacht hatte. Doch in beiden Fällen lag das wohl durchaus im Sinne des Tribunals, das -- wie bereits gesagt -- angesichts der bestehenden Unsicherheiten offensichtlich bestrebt war, bei der "Feststellung" der angeblichen Judenvernichtungen nicht allzu sehr in die Einzelheiten zu gehen. Denn dann hätte die Gefahr bestanden, daß die ganze Vernichtungslegende schon damals unglaubwürdig erschienen wäre.

Morgen unterliefen noch weitere Irrtümer. So erwähnte er auf eine entsprechende Frage des Gerichtsvorsitzenden, daß zur Zeit seiner Ermittlungen in Auschwitz der SS-Standartenführer Höß "Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz in Personalunion mit dem Vernichtungslager Monowitz" gewesen sei [77]. Doch Höß war damals längst auf einen anderen Posten in Berlin versetzt worden; sein letzter Rang als Kommandant von Auschwitz war Obersturmbannführer [78]. Entweder wußte Morgen also über die Befehlsverhältnisse in Auschwitz zur Zeit seines Besuchs -- Ende Dezember 1943/Anfang 1944 -- wirklich nicht Bescheid oder er verfuhr in diesem Fall nach der damals verbreiteten Praxis, nur jene zu belasten, die ohnehin verloren oder für das Tribunal nicht greifbar waren. Höß aber hatte ja bereits "gestanden", was Morgen sicher nicht unbekannt war [79].

Morgen bestätigte übrigens auf Befragen von Rechtsanwalt Dr. Pelckmann, daß er die oben erwähnte Auschwitz-Insassin Eleonora Hodis eidlich vernommen habe und daß die in dem Buch "SS-Dachau" enthaltene Aussage dieser Zeugin mit dem Protokoll seiner Vernehmung übereinstimme [80]. Doch auch jetzt beschloß das Tribunal nicht, diese wichtige Augenzeugin persönlich zu hören oder wenigstens ihre schriftlich niedergelegte Aussage verlesen zu lassen. So erfahren wir aus den IMT-Protokollen nicht einmal, welchen Inhalt die Aussage der Hodis hatte; auch Morgen wurde nach Einzelheiten nicht gefragt. Dabei kann man als sicher davon ausgehen, daß den Richtern bekannt war, was Eleonora Hodis zu Protokoll gegeben hatte. Offiziell scheute man sich aber offensichtlich, weitere Einzelheiten über das "Vernichtungslager" zur Kenntnis zu nehmen und damit in das Verfahren einzuführen. Die Zeugen Vaillant-Couturier, Schmaglewskaja und nun wieder der gewissermaßen eine Kronzeugenfunktion ausübende Dr. Morgen hatten ja schon genug Verwirrung in dieser Sache gestiftet! In seinem Urteil ging das Tribunal bezeichnenderweise auf den eklatanten Widerspruch hinsichtlich des Orts der angeblichen Judenvernichtungen -- Birkenau oder Monowitz -- mit keinem Wort ein. --

Als Zeuge im späteren Frankfurter Auschwitz-Prozeß korrigierte Morgen stillschweigend seine früheren Aussagen über den Standort der "vernichtungsanlagen"~ die er vermutlich selbst nie gesehen hatte. Er verlegte sie nunmehr nach Birkenau und befand sich damit in bereinstimmung mit der inzwischen sozusagen zu einer "Historischen Tatsachen" hochgespielten Version. Niemand -- auch nicht die Richter des Auschwitz-prozesses -- wies ihn dabei auf den Widerspruch zu seinen früheren Angaben im IMT-Prozeß hin. Wir werden auf diesen Sachverhalt im 4. Kapitel noch einmal zurückkommen.

Wir kommen nun zu dem im Rahmen unserer Untersuchung wichtigsten Zeugen im IMT-Prozeß, dem ehemaligen Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß. Wenn man sich heute auf Höß beruft, so zitiert man in der Regel nur noch aus den schriftlichen Aufzeichnungen, die dieser Mann nach seiner Auslieferung an Polen im Krakauer Gefängnis niedergelegt haben soll. Mit ihnen werden wir uns später noch ausführlich zu befassen haben [81]. Höß' frühere Zeugnisse aus den ersten Nachkriegsjahren werden dagegen- wenigstens inhaltlich -- nicht mehr erwähnt. Das kommt natürlich nicht von ungefähr, sondern hängt mit Sicherheit damit zusammen, daß jene früheren Zeugnisse teils in den Einzelheiten recht verschwommen sind, teils aber sogar zu diesen Krakauer Aufzeichnungen im Widerspruch stehen. Im einzelnen handelt es sich hierbei um die folgenden Schriftdokumente [82]:

  1. Die protokollarische Vernehmung von Rudolf Höß durch die britische Militärpolizei (Field Security Section) am 13./14. März 1946 nachdem diese ihn auf einem bei Flensburg gelegenen Bauernhof festgenommen hatte [83];
  2. sein Nürnberger Affidavit vom 5. April 1946, das als eines der wichtigsten Beweisstücke im IMT-Prozeß galt [84];
  3. Höß' Zeugenaussage vor dem IMT am 15. April 1946, bei der er das Affidavit ausdrücklich als richtig anerkannte -- oder wohl besser: anerkennen mußte [85];
  4. eine angeblich für den Nürnberger Gefängnispsychologen Dr. Gilbert angefertigte handschriftliche Aufzeichnung vom 24. April 1946 [86];
  5. weitere Vernehmungsprotokolle vom 14. bis 22. Mai 1946 für einen der Nürnberger Nachfolgeprozesse; unmittelbar danach wurde Höß an Polen ausgeliefert [87].

Eigenartigerweise sind die zur Zeit der Nürnberger Prozesse entstandenen Zeugnisse Rudolf Höß' nur teilweise in die öffentlichkeit gelangt. Weder seine ersten Vernehmungen durch die britische Militärpolizei noch die Vernehmungsprotokolle aus der Zeit vom 14. bis 22. Mai 1946 sind inhaltlich bekannt geworden. In der einschlägigen Literatur werden sie zumeist nicht einmal erwähnt. Das kann sowohl daran liegen, daß sie sachlich unergiebig sind, als auch daran, daß man ihren Inhalt aus bestimmten Gründen nicht bekanntgeben mochte.

Höß selbst beschreibt die Durchführung seiner ersten Vernehmung durch britische Militärpolizei in seinen Krakauer Aufzeichnungen, die insoweit wohl authentisch sein dürften, wie folgt [88]:

"Am 11. März (1946) 23 Uhr wurde ich verhaftet... Es wurde mir übel zugesetzt durch die Field-Security-Police. Ich wurde nach Heide geschleift, ausgerechnet in die Kaserne, in der ich von den Engländern acht Monate vorher entlassen worden war. Unter schlagenden Beweisen kam meine erste Vernehmung zustande. Was in dem Protokoll drin steht, weiß ich nicht, obwohl ich es unterschrieben habe. Doch Alkohol und Peitsche waren auch für mich zu viel. Die Peitsche war meine eigene, die durch Zufall in das Gepäck meiner Frau geraten war. Kaum hat je mein Pferd einen Schlag damit bekommen, noch viel weniger Häftlinge."

Man kann sich gut vorstellen, wie diese "Vernehmung" verlaufen ist. Im britischen Weltreich gehörten bekanntlich "Zuckerbrot und Peitsche" zu den traditionellen Überzeugungsmitteln. Es ist daher durchaus glaubhaft, daß bei Höß "Alkohol und Peitsche" diese Funktion übernommen haben sollen. Was dabei herauskam, entsprach allerdings mit Sicherheit weniger der Wahrheit als vielmehr den durch eine haßerfüllte Greuelpropaganda geprägten Vorstellungen der Vernehmungsoffiziere.

Broszat behauptet nun freilich, daß das von Höß am 14. März 1946 um 2.30 Uhr nachts unterschriebene achtseitige maschinenschriftliche Protokoll dieser Vernehmung inhaltlich nirgends ersichtlich von dem abweiche, was Höß später in Nürnberg oder in Krakau ausgesagt bzw. niedergeschrieben habe [89]. Broszat erwähnt dies vermutlich, um darzutun, daß angesichts der angeblichen Übereinstimmung aller Höß zugeschriebenen Aussagen kein Zweifel an ihrer inhaltlichen Richtigkeit bestehen könne. Doch abgesehen davon, daß entgegen der Behauptung Broszats zwischen den Nürnberger Aussagen von Rudolf Höß und seinen angeblichen Krakauer Aufzeichnungen keineswegs in allen Punkten Übereinstimrnung besteht, wäre eine solche Folgerung nicht schlüssig. Weit eher ließe sich aus etwaigen Übereinstimmungen das Gegenteil folgern. Es ist nämlich kaum zu bezweifeln, daß Höß mit dem ihm zwei Tage nach seiner Festnahme und nach einer mitternächtlichen "Vernehrnung" vorgelegten "Protokoll" unter dem Eindruck der ihm zugefügten schweren Mißhandlungen und- wahrscheinlich -- weiterer Drohungen ein Schriftstück unterschrieb, das er inhaltlich weder kannte noch verantworten konnte, das also mit der Wahrheit nichts, aber auch gar nichts zu tun hatte.

Doch auch später scheint sich an der Behandlung von Rudolf Höß nicht viel geändert zu haben, so daß er wahrscheinlich, als er in Nürnberg seine Aussagen machte, ein völlig gebrochener Mann war, von dem seine Peiniger jede gewünschte Aussage erhalten konnten. Das wird aus den weiteren Angaben von Höß in "Kommandant in Auschwitz" (Seite 145) deutlich. Es heißt dort:

"Ich kam nach einigen Tagen nach Minden a.d. Weser, dem Hauptvernehmungsplatz der englischen Zone. Dort wurde mir noch mehr zugesetzt durch den 1- englischen Staatsanwalt, einen Major. Das Gefängnis entsprach dessen Verhalten. Nach drei Wochen wurde ich überraschend rasiert, es wurden mir die Haare geschnitten und ich durfte mich auch waschen. Seit meiner Verhaftung waren meine Handschellen nicht geöffnet worden."

Aus dieser Zeit muß also das berühmte Affidavit stammen, das Höß am 5. April 1946 unterzeichnete. Nach drei Wochen hatte man ihn offenbar so weit, daß man ihn menschlicher behandeln und sogar als Zeugen in Nürnberg präsentieren konnte. Der Verteidiger Kaltenbrunners hatte ihn nämlich als Entlastungszeugen angefordert. Das war der Grund dafür, daß Höß nun plötzlich die Handschellen abgenommen wurden und er sich nach Wochen (!) sogar wieder waschen durfte. Doch hätte man seiner Anforderung als Zeuge wohl nicht stattgegeben und nur das erpreßte Affidavit vom 5. April 1946 vorgelegt, wenn die an Höß vollzogene "Gehirnwäsche" sich nicht als erfolgreich erwiesen hätte, so daß von seiner Aussage nichts mehr zu befürchten war. Das ließ man Höß natürlich nicht in seinen Erinnerungen schreiben. Auch über seinen Nürnberger Aufenthalt steht darin jedoch zu lesen, daß die dortigen Vernehmungen "nicht angenehm" gewesen seien -- "nicht etwa physisch, aber um so stärker psychisch", was Höß freilich den Erinnerungen zufolge seinen Vernehmern nicht verübeln zu können glaubte, weil "alles Juden" waren (aaO. Seite 146).

Bei allen diesen Zitaten aus den von Höß nach seiner Auslieferung an Polen im Krakauer Gefängnis verfaßten Aufzeichnungen muß man übrigens in Rechnung stellen, daß diese Aufzeichnungen mit Sicherheit von den Polen nachträglich "überarbeitet" wurden. Wir werden darauf noch ausführlich zurückkommen. Dabei sind die auf seine Vernehmungen vor der Auslieferung bezüglichen Stellen möglicherweise sogar noch entschärft worden. Wenn man diese schriftlichen Zeugnisse einer an Höß vorgenommenen Gehirnwäsche nicht gänzlich strich, so zweifellos deshalb, um den Aufzeichnungen insgesamt einen Anschein von Glaubwürdigkeit zu verschaffen. Denn da sie nach dem Willen ihrer Urheber ein "freiwillig" verfaßter Lebensbericht sein sollten, durften darin selbstverständlich Aussagen über einen Sachverhalt nicht fehlen, mit dessen späterem Bekanntwerden man immerhin rechnen mußte. Es wäre auch mehr als auffällig, wenn ausgerechnet Höß als ehemaliger Kommandant eines "berüchtigten" KL in der Haft der Sieger eine bessere Behandlung erfahren haben sollte, als anderes KL-Personal, das nach seiner Festnahme vielfältigen Mißhandlungen ausgesetzt war, wie zumindest in Deutschland jedermann wußte. Außerdem mag es den polnisch-jüdischen "Redakteuren" der Aufzeichnungen nicht ungelegen gewesen sein, die Vernehmungsmethoden ihrer westlichen "Freunde" auf diese Weise anzuprangern, während man sich selbst den Anschein absoluter Korrektheit gab. Wir werden das noch im einzelnen sehen.

So haben wir also in den sog. Höß-Aufzeichnungen eine zwar recht zurückhaltende und möglicherweise sogar zugunsten der Sieger "frisierte", im ganzen aber doch ziemlich eindeutige Bestätigung der physischen und psychischen Folter, wie sie damals gegenüber Zeugen und Angeklagten der alliierten Prozesse gegen Deutsche nicht gerade selten zur Anwendung kam [90]. Die inhaltliche Richtigkeit der Lebenserinnerungen ist insoweit nicht zu bezweifeln.

Im übrigen wird Höß auch -- ebenso wie andere -- mit der Zusage, er werde in Nürnberg nicht auf die Anklagebank kommen, wenn er seine Zeugenaussage den ersten erpreßten Aussagen entsprechend abgeben werde, zu jener Willfährigkeit gebracht worden sein, die er zur Überraschung, aber auch Bestürzung aller Angeklagten des IMT-Prozesses als Zeuge erkennen ließ. Mit einer Auslieferung an Polen hatte er wohl nicht gerechnet, da sein Verhalten in Nürnberg sonst kaum verständlich wäre. Möglicherweise wurden ihm insoweit gegebene Zusagen gebrochen.

So war es sicherlich nicht besonders schwer, Höß in Nürnberg im wesentlichen auf der Linie seiner ersten, gewaltsam erpreßten Aussagen zu halten. Die Folgerung, die Broszat aus möglichen lSbereinstimmungen in allen seinen Aussagen ziehen will, ist wenig überzeugend. Trotz seiner vorhergehenden "Präparierung" wich Höß aber wohl vom Schema der ihm vorgeschriebenen Aussagen ab, als er bei seiner Vernehmung durch den Verteidiger Kaltenbrunners, Rechtsanwalt Dr. Kaufmann, zur Behandlung der Häftlinge in den KL -- auch in Auschwitz -- folgende Erläuterungen gab [91]:

"Es war nicht so, daß man darauf ausging, möglichst viele Tote zu haben oder Häftlinge zu vernichten, sondern dem Reichsführer kam es immer wieder darauf an, möglichst jede Hand für die Rüstung einsetzen zu können."

Und weiter:

"Mißhandlungen und Quälereien in den Konzenstrationslagern... waren nicht, wie angenommen Methode, sondern es waren Ausschreitungen einzelner Führer, Unterführer und Männer, die sich an den Häftlingen vergriffen."

Die jüdischen Häftlinge nahm Höß hiervon nicht aus. Auch sie wurden für die Kriegswirtschaft gebraucht; noch bis kurz vor dem Zusamrnenbruch des Reichs arbeiteten nachweisbar Hunderttausende von Juden, teilweise von Auschwitz ins Reich zurücktransportiert, in der deutschen Rüstungsindustrie [92]. Und was die Mißhandlungen und Quälereien in den KL angeht, so vergaß Höß leider zu erwähnen, daß hierfür größtenteils Männer und Frauen der internen Häftlingsführung- also Häftlinge -- verantwortlich waren, was der ehemalige KL-Häftling Rassinier insbesondere in seinem Buch "Die Lüge des Odysseus" schonungslos aufgedeckt hat. Übergriffe des SS-Personals wurden von den SS-Gerichten scharf geahndet, soweit sie zu deren Kenntnis gelangten. Eben aus diesem Grunde wurden ja auch die Ermittlungsrichter der SS -- wie z. B. Dr. Morgen -- in den KL tätig.

Doch diese Aussagen von Höß waren -- wie gesagt -- im "Programm" gewiß nicht vorgesehen. Im übrigen wurde die Vernehmung von Höß durch den Verteidiger Dr. Kaufmann bedauerlicherweise so geführt daß, die angebliche Massenvernichtung von Juden im KL Auschwitz -- für Höß erkennbar- nicht in Zweifel gezogen wurde. Das mag der Verteidigung richtig erschienen sein, zahlte sich jedoch in keinem Falle aus und muß nachträglich nicht nur als verfehlt, sondern geradezu als unverantwortlich vor der Geschichte unseres Volkes angesehen werden. Hier wurde von der Verteidigung die Chance vertan, die Auschwitz-Legende bereits bei ihrer Grundlegung zu zerstören oder zumindest in Frage zu stellen, wozu der fehlende dokumentarische Nachweis und die widerspruchsvollen und weitgehend unmöglichen Zeugenaussagen doch genügend Gelegenheit geboten hätten. Höß wäre vielleicht zu einer wahrheitsgemäßen Aussage gebracht worden, wenn die Verteidigung ihre Fragen anders und sachgemäßer gestellt hätte. Statt dessen arbeitete der Verteidiger Dr. Kaufmann vielfach sogar mit Suggestivfragen, deren Antworten im Sinne der grundsätzlichen Behauptung der Anklage, in Auschwitz seien Millionen Juden "vergast" worden, ausfallen mußten. Er hielt sich hierbei offenbar an das Höß-Affidavit vom 5. April 1946. ohne zu bedenken, daß es den Umständen nach nur unter Zwang zustandegekommen sein konnte.

So hatte dann der Anklagevertreter Oberst Amen leichtes Spiel, den Zeugen Höß sehr schnell wieder auf die "richtige Linie" zu bringen. Er las ihm einfach die wesentlichsten Punkte seines Affidavits vor und Höß bestätigte gehorsam bei jeder Frage des Anklägers die "Richtigkeit" des Vorgelesenen mit einem knappen militärischen "Jawohl" oder einer ähnlichen kurzen Bejahung. Man hatte ihn gut "dressiert"! Die fast unglaubliche Tatsache, daß dieses Affidavit in englischer Sprache abgefaßt und von Höß in dieser Form unterschrieben wurde, veranlaßte allerdings schon Butz zu einigen sarkastischen Bemerkungen [93]. Es erscheint indessen notwendig, hierauf noch etwas näher einzugehen, weil dieser Umstand grundsätzliche Bedeutung für die Bewertung dieses Dokuments als Beweismittel haben dürfte.

Im letzten Absatz des von Höß unterzeichneten Affidavits heißt es: "I understand English as it is written above. The above statements are true; this declaration is made by me voluntarily and without compulsion; after reading the statement, I have signed and executed the same at Nuernberg, Germany, on the fifth day of April 1946 [94]."

Dieser Text beweist schon durch seinen Wortlaut, daß die Erklärung nicht von Höß selbst verfaßt, sondern ihm zur Unterschrift fertig vorgelegt wurde. Auch wenn Höß die englische Sprache einigermaßen beherrscht haben sollte, hätte er eine so wichtige Erklärung im übrigen wohl in seiner deutschen Muttersprache abgegeben, wenn er sie selbst formuliert hätte. So aber muß mit Fug und Recht sogar bezweifelt werden, daß Höß den Sinn dessen, was ihm da zur Unterschrift vorgelegt worden war, überhaupt erfaßte. Denn es ist mehr als fraglich, ob Höß hierfür ausreichende Kenntnisse in der englischen Sprache hatte. Sein persönlicher und beruflicher Werdegang, wie er von ihm selbst in seiner Krakauer Autobiographie geschildert wird, spricht dagegen. Auch die Authentizität dieser autobiographischen Aufzeichnungen dürfte außer Frage stehen, da sie -- wie sich aus mehreren Fußnoten Broszats hierzu in der Ausgabe des Instituts für Zeitgeschichte ergibt -- hinsichtlich des persönlichen Lebenslaufes von Rudolf Höß mit seiner SS-Personalakte übereinstimmen [95].

Höß hatte seiner Autobiographie zufolge kein Abschlußzeugnis einer höheren Schule. Er besuchte allerdings nach vierjähriger Grundschulzeit für einige Jahre ein Gymnasium. Sein Vater hatte ihn für den Beruf eines Geistlichen bestimmt, und so ist anzunehmen, daß es sich um ein humanistisches Gymnasium handelte. Auf den humanistischen Gymnasien wird traditionell -- auch heute noch -- Latein als erste Fremdsprache gelehrt. Frühestens im dritten Schuljahr kommt eine moderne Fremdsprache hinzu. Im Südwesten des Reichs, wo Höß aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, war das in der Regel Französisch; Englisch kam gewohnlich erst später als Wahlfach hinzu. Höß hat selbst nichfs darüber geschrieben, welche moderne Fremdsprache er auf dem Gymnasium erlernte. Selbst wenn dies aber Englisch gewesen sein sollte, so könnte er bestenfalls drei Jahre lang Unterricht in dieser Sprache genossen haben. Denn auf eigenen Wunsch und durch die Mithilfe eines ihm wohlgesonnenen Offiziers wurde er im Ersten Weltkrieg bereits mit 16 Jahren -- im Jahre 1916 -- Soldat. Drei Jahre Unterrichtin der englischen Sprache auf einem humanistischen Gymnasium, wo der Schwerpunkt des Unterrichts auf den alten Sprachen lag, konnten aber erfahrungsgemäß nicht ausreichen, um diese Sprache perfekt zu erlernen oder sie auch nur einigermaßen zu beherrschen. Anhaltspunkte dafür, daß Höß ein Sprachgenie gewesen sein könnte, sind nirgendwo ersichtlich. Auch setzte er nach dem Kriege seine schulische Ausbildung nicht mehr fort. Er nahm statt dessen an den Kämpfen des Freikorps Roßbach im Baltikum, in Mecklenburg, im Ruhrgebiet und in Oberschlesien teil. 1923 wurde er wegen Beteiligung an einem Fememord zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Auf Grund einer Amnestie 1928 wieder auf freien Fuß gesetzt, betätigte er sich fortan landwirtschaftlich. Als Mitglied der NSDAP seit 1922 trat er im Jahre 1933 der SS bei und war dann ab 1934 als Mitglied der aktiven SS ständig im KL-Dienst. Es erscheint nahezu ausgeschlossen, daß er in all diesen Jahren seit dem ersten Weltkrieg die englische Sprache perfekt erlernt oder bereits vorhandene Schulkenntnisse weiter ausgebaut hat. Eher ist anzunehmen, daß er etwaige Grundkenntnisse d¢r englischen Sprache in jenen turbulenten Nachkriegsjahren wieder verlernt hat.

Hiernach muß zumindest bezweifelt werden, daß Höß genügend Englisch verstand, um das Affidavit vom 5. April 1946 selbst verfassen oder auch nur in seiner vollen Bedeutung verstehen zu können. Seine gegenteilige Versicherung, die selbstverständlich wie das gesamte Dokument nicht von seiner Hand stammte, entsprach nicht der Wahrheit. Sie kann den ganzen Umständen nach nur als ein makabrer Witz bezeichnet werden, ebenso wie die Behauptung, er habe seine Erklärungen in dem Affidavit "freiwillig und ohne Zwang" abgegeben. Dieses Dokument kann niemals den Rang einer zeitgeschichtlichen Quelle für sich in Anspruch nehmen. Der Verteidiger Adolf Eichmanns, Rechtsanwalt Dr. Servatius, bemerkte hierzu im Jerusalemer Prozeß sehr treffend [96]:

"Die Angaben von Höß sind dadurch charakterisiert, daß er sich völlig unterworfen hat. Er schreibt bereits im Sprachgebrauch seiner Ankläger und bezeichnet seine Arbeitshäftlinge als Sklavenarbeiter.
Er schwimmt nicht gegen den Strom und seine Aussage scheint dem angepaßt, was man von ihm erwartet..."

Es erscheint mir bei dieser Sachlage unnötig, das Höß-Affidavit und die übrigen Aussagen von Rudolf Höß vor dem IMT noch im einzelnen zu analysieren [97]. Seine Angaben sind in vielen Punkten fragwürdig, wie hier nur noch an einigen Beispielen verdeutlicht werden mag.

So erklärte Höß auf eine entsprechende Frage des Verteidigers Dr. Kaufmann, Himmler habe ihm bei Erteilung des Befehls zur Judenvernichtung im Sommer 1941 auferlegt, hierüber "strengstes Stillschweigen gegenuber jedermann" zu wahren, und zwar auch gegenüber seinem direkten Vorgesetzten, dem Gruppenführer Glücks. Auf die weitere Frage, welche Stellung denn Glücks gehabt habe, antwortete Höß zutreffend, dieser sei damals "sozusagen der Inspekteur der KZ-Lager... und dem Reichsführer direkt unterstellt" gewesen [98]. Zwischen beiden Aussagen besteht offensichtlich ein unauflösbarer Widerspruch. Der n wenn Glücks Inspekteur der KL war, konnte ihm die angebliche Judenvernichtung in Auschwitz und anderswo gar nicht verborgen bleiben. Der von Höß behauptete Himmler-Befehl war also unsinnig, und es ist unwahrscheinlich, daß Himmler derart Unsinniges befohlen haben könnte. Damit wird aber zugleich die ganze Geschichte von der unmittelbaren Befehlsgebung durch Himmler an Höß unglaubwürdig.

Weiter erklärte Höß unter Ziffer 4 seines Affidavits, daß die Massenhinrichtungen durch Gas in Auschwitz "im Laufe des Sommers 1941", d.h. unmittelbar nach der angeblichen Befehlserteilung, begonnen hätten, was wiederum eine Unmöglichkeit war, weil damals die Einrichtungen zur "Vergasung" noch gar nicht vorhanden gewesen sein konnten. Denn Höß informierte sich nach der angeblichen Befehlserteilung durch Himmler gemäß Ziffer 6 seines Affidavits nun zunächst einmal über die Möglichkeiten einer Massenvernichtung im KL Treblinka, wo seit Beginn des Jahres 1941 -- wie er vom dortigen Lagerkommandanten erfahren haben will -- 80.000 Juden durch Monoxydgas liquidiert worden sein sollten. Höß hielt das dem Affidavit zufolge "für nicht sehr wirksam" und fuhr dann fort: "Als ich daher das Vernichtungsgebäude in Auschwitz errichtete, nahm ich Zyklon B in Verwendung, eine kristallisierte Blausäure, die wir in die Todeskammer durch eine kleine Offnung einwarfen."

Wann dieses Vernichtungsgebäude -- wie es in dem Affidavit genannt wird- errichtet wurde, geht nicht daraus hervor. Jedenfalls war es aber bei der Befehlserteilung im Sommer 1941 noch nicht vorhanden, so daß auch mit den "Vergasungen" noch nicht in diesem Sommer begonnen worden sein konnte,wie man es wenige Absätze vorher Höß sagen ließ [99]. Interessant ist auch, daß hier nur von einem Vernichtungsgebäude die Rede ist, das überdies noch recht klein gewesen sein muß, da es nur "eine kleine Öffnung" zum Einwurf des Gases hatte. In seiner späteren Zeugenaussage vor dem IMT erwähnte Höß dann allerdings im Widerspruch hierzu "provisorische Anlagen" und "neu erbaute Krematorien" als Stätten der Vernichtung, ohne sich auf deren Anzahl festzulegen [100].

Solche und andere Ungereimtheiten und Widersprüche durchziehen die ganzen Aussagen von Höß in Nürnberg. Es muß deshalb als eine recht traurige Fehlleistung der Verteidigung angesehen werden, daß sie an keinem einzigen Punkt einhakte, um die Unglaubwürdigkeit der Gesamtaussage darzutun. Es scheint fast so, als hätten die Verteidiger jedenfalls insoweit mit den Anklägern gemeinsame Sache gemacht, als es um die "Feststellung" der behaupteten Massenvernichtung von Millionen Juden ging.

Höß freilich glaubte vermutlich, sich die Stellung eines "Kronzeugen" erkaufen zu können, wenn er seine Aussagen entsprechend einrichtete (100a). Möglicherweise hatte man ihm das sogar in Aussicht gestellt. Möglich ist aber auch, daß dieser Mann in seinem Willen so vollständig gebrochen war, daß er einfach aus Furcht vor weiteren Mißhandlungen und Quälereien alles sagte, was man von ihm verlangte. Das wurde auch die Widersprüche in seinen Aussagen erklären, weil Höß ja von verschiedenen Personen vernommen wurde, deren jede der Legende ihr besonderes Kolorit zu geben versuchte.

Interessant ist in diesem Zusammenhang das psychologische Urteil Gilberts über Höß. Er schreibt in seinem "Nürnberger Tagebuch" auf Seite 253: "Er ist zu apathisch, als Daß man noch an Reue glauben konnte, und auch die Aussicht, aufgehängt zu werden, scheint ihn nicht übermäßig zu beunruhigen. Er macht den Gesamteindruck eines Mannes der geistig normal ist, aber mit einer schizoiden Apathie, Gefühllosigkeit und einem Mangel an Einfühlungsvermögen, wie er kaum weniger extrem bei einem richtigen Schizophrenen auftritt."

In dieser Beschreibung konnte man durchaus das Bild eines Mannes sehen, der seelisch gebrochen ist und sich willenlos seinen Verfolgern unterworfen hat, wie auch der Verteidiger Eichmanns, Dr. Servatius, es im Jerusalemer Prozeß zum Ausdruck brachte. Die von Gilbert vermißte Beunruhigung wegen der Aussicht, aufgehängt zu werden, konnte allerdings ihre Ursache auch darin gehabt haben, daß man Höß im Falle der Zusammenarbeit mit der Anklagebehörde wenn nicht die Freiheit, so doch das Leben zugesagt hatte. Vielleicht spielten im Falle Höß auch beide Motivationen eine Rolle. Was aber sind die Aussagen eines solchen Mannes wert?

Bevor wir das Kapitel Höß an dieser Stelle vorläufig abschließen, bleiben noch einige Bemerkungen zu der handschriftlichen Aufzeichnung vom 24. April 1946 übrig, die Höß -- wie der amerikanische Gefängnispsychologe Gilbert behauptet -- für ihn nach seiner Anhörung als Zeuge niedergeschrieben haben soll. Höß soll ihm diese mit Bleistift (!) geschriebene Erklärung ausgehändigt haben, nachdem Gilbert ihm Görings Zweifel an der technischen Durchführbarkeit der von Höß bei seinen verschiedenen Vernehmungen zugegebenen Massenmorde mitgeteilt hatte [101].

Dieses "Dokument" ist hinsichtlich seiner Entstehung und in seinem Inhalt ebenfalls äußerst fragwürdig. Es ist zwar kaum anzunehmen, daß dieses Schriftstuck eine Fälschung Gilberts zu dem Zwecke ist, sein "Nürnberger Tagebuch" noch etwas interessanter zu gestalten. Doch wird Gilbert sicherlich Einfluß auf seinen Inhalt genommen haben [102]. Es ist jedenfalls bezeichnend, daß dieses "Dokument", in dem Höß erstmals Einzelheiten über die Durchführung der angeblichen Judenmorde in Auschwitz mitteilt, nicht in die Akten des IMT aufgenommen wurde. Es tauchte erst im Jerusalemer Eichmann-Prozeß als Beweismittel auf und soll sich jetzt bei den Akten dieses Prozesses befinden. Broszat, dem diese Erklärung mit Sicherheit ebenfalls bekannt ist, fuhrt sie bei Erwähnung der vorliegenden schriftlichen Höß-Aussagen in seiner Fußnote 1 zu Seite 8 des Buches "Kommandant in Auschwitz" nicht mit auf. Er weist dort nur auf Gilberts Aufzeichnungen über die Unterredungen hin, die dieser zwischen dem 9. und 16. April 1946 mit Höß in dessen Gefängniszelle hatte. Auch sonst wird die Höß-Erklärung vom 24. April 1946 -- soweit ich sehe -- in der einschlägigen Literatur völlig übergangen.

Die Nichtbeachtung dieses "Dokuments" -- insbesondere durch Broszat -- ist erklärlich. Steht es doch an verschiedenen Stellen im Widerspruch zu den vom Institut für Zeitgeschichte herausgegebenen und von dessen Direktor Broszat kommentierten Krakauer Aufzeichnungen von Rudolf Höß, die trotz ihrer Fragwürdigkeit heute als die wichtigste zeitgeschichtliche Quelle für die behaupteten Judenmorde in Auschwitz-Birkenau ausgegeben werden. Weshalb man das Gilbert-Dokument trotzdem als Beweismittel im Jerusalemer Prozeß heranzog, ist unerklärlich, wenn man nicht in Rechnung stellt, daß in Prozessen dieser Art natürlich nur das aus den jeweiligen Dokumenten herangezogen wird, was zueinander paßt. Möglicherweise hatte man aber auch inzwischen die erforderlichen Übereinstimmungen geschaffen. Beide "Dokumente" waren ja mit Bleistift geschrieben. Bei dieser Feststellung mag es hier zunächst bewenden. Wir werden die erwähnten Widersprüche zwischen beiden "Dokumenten", wie sie sich aus dem "Nürnberger Tagebuch" und aus "Kommandant in Auschwitz" ergeben, noch weiter unten im Zusammenhang behandeln.

Übrigens ist auch Gilberts "Nürnberger Tagebuch" hinsichtlich dessen, was Höß gesagt haben soll, nicht widerspruchsfrei. So schreibt Gilbert beispielsweise, daß Höß ihm am 9. April 1946 über den Vorgang der "Vergasung" u. a. berichtet habe, die Opfer seien ohne Widerstreben in die Gaskammern gegangen, weil sie geglaubt hätten, sie kamen zum Duschen; doch -- so wörtlich -- "statt des Wassers stellten wir Giftgas an" (aaO. Seite 243). Das Gas strömte also dieser Darstellung zufolge aus den Duschvorrichtungen, was wir auch schon aus anderen, Gilbert möglicherweise bekannten Berichten kennen. In der angeblichen Bleistift-Erklärung von Höß, wie Gilbert sie wiedergibt, heißt es jedoch (aaO. Seite 449): "Sobald der ganze Transport in der Kammer war, wurde die Tür zugemacht und gleichzeitig von oben, durch besondere Öffnungen, das Gas eingeworfen- es handelte sich um Zyklon B, eine kristallartige Blausäure, die sofort verdunstete, d. h. bei Berührung mit Sauerstoff sofort wirksam wurde."

Solche Widersprüche in der Aussage ein- und desselben Mannes, der angeblich über den Vorgang der Vergasung ganz genau Bescheid wußte. sollten eigentlich zu denken geben [103].

Mit einem "Beweisdokument" besonderer Art sollten im IMT-ProzeB die Sowjets aufwarten. Es handelt sich um den heute kaum noch bekannten "Bericht der Sowjetischen Kriegsverbrechen-Kommission vom 6. Mai 1945" [104]. Ihm lagen nach Angaben der Kommission sowohl in den einzelnen KL gefundene deutsche Dokumente und sonstiges "Material" als auch Aussagen zahlreicher Zeugen vor der Kommission zu Grunde. Der Bericht betrifft nicht nur den Auschwitz-Komplex, enthält aber wohl die umfassendste und vollständigste Darstellung hierzu, die es damals gab. Diese wiederum ist vor allem insofern bemerkenswert, als sie in wesentlichen Punkten -- so vor allem in der Beschreibung der angeblichen Vernichtungsanlagen von Auschwitz-Birkenau -- sowohl vom WRB-Report als auch von der heutigen Darstellung der "Todesfabriken" abweicht. Da die Sowjets vermutlich auf der Einführung dieses "Beweismittels" in den Prozeß bestanden, war auch dies möglicherweise einer der Grunde dafür, den WRB-Report in diesem prozeß zur Vermeidung von schwerwiegenden Widersprüchen unter den Tisch fallen zu lassen. Im übrigen waren die Sowjets ja auch die einzigen, die damals Zugang zu den Östlichen ehemaligen KL hatten, so daß ihrer Darstellung von Auschwitz schon deshalb das größere Gewicht zukommen mußte.

Auch dieser Bericht der sowjetischen Kriegsverbrechen-Kommission ist indessen später -- wie der WRB-Report -- in Vergessenheit geraten. Das ist kein Wunder, da seine phantasievollen Schilderungen außer mit einigen Aussagen nicht naher identifizierbarer "Zeugen" ersichtlich nicht belegt werden konnten, obgleich die Kommission selbst das Gegenteil behauptete. Wenn es daher auch im Grunde müßig erscheint, sich mit diesem Bericht noch im einzelnen zu beschäftigen, so sollen doch hier zu Vergleichszwecken wenigstens seine wichtigsten Aussagen zu den angeblichen "Vernichtungsanlagen" herausgestellt werden. Alle Ausführungen über Auschwitz daraus wiederzugeben, wurde schon aus Platzgründen zu weit fuhren.

Der Bericht über Auschwitz beginnt damit, Daß nach der Besetzung des ehemaligen KL-Geländes dort "Überreste von Krematorien und Gaskammern" gefunden worden seien, die "die Deutschen wahrend des Rückzuges gesprengt" hätten (aaO. Seite 242). Angaben über Ausdehnung, Anordnung und Lage dieser baulichen "Überreste" werden im Bericht nicht gemacht. Auch wurden dem Tribunal entsprechende Fotos nicht vorgelegt, was doch eigentlich naheliegend gewesen wäre.

Weiter ist im Bericht die Rede davon, daß die Deutschen die "Gaskammern" als "Bad" für besondere Zwecke" bezeichnet hätten; die nichtsahnenden Opfer seien durch entsprechende Aufschriften getauscht worden. Die Raume zur Vergasung hätten "in Kellern oder besonderen Gebäuden neben den Krematorien" gelegen. Außerdem habe es aber noch zwei abgesonderte "Bäder" gegeben, deren Leichen in besonderen Feuern im Freien verbrannt worden seien. Den "Beweis" für die Tötung von Menschen in diesen Räumen sah die Kommission durch die Auffindung zahlreicher Buchsen mit "Zyklon-Gift" als erbracht an (aaO. Seite 242). Es handelte sich dabei offenbar um das als Ungezieferbekämpfungsmittel verwendete Zyklon B. Die verschwommenen Angaben über die Vergasungsraume sind bemerkenswert.

Zu der Ausstattung der Krematorien machte die Kommission leichtsinnigerweise exaktere Angaben. Danach sollen die vier Krematorien in Birkenau insgesamt nur 12 "Verbrennungsofen" mit 46 "Retorten" gehabt haben. Diese angesichts der behaupteten Vernichtungszahlen geringe Zahl wird dann allerdings wieder durch die Behauptung wettgemacht, Daß "jede Retorte... drei bis fünf Leichen" habe aufnehmen können und zur Einäscherung einer Leiche nur "ungefähr 20 bis 30 Minuten" benötigt worden seien (aaO. Seite 244). Das ist eine Zeit, die heute nicht einmal in Krematorien modernster Bauart erreicht wird und nach dem Stand der damaligen Technik wohl unmöglich war. Nach zwei im Bericht zitierten Zeugenaussagen sollen die Krematorien II und III je 15 Verbrennungsofen und die Krematorien IV und V je 8 Verbrennungsofen gehabt haben. Auch hier also Widersprüche sogar im Bericht selbst, die der Kommission offenbar in ihrem Eifer gar nicht aufgefallen sind (aaO. Seite 245).

Daß auch die uns schon bekannten aus den Krematoriumsschornsteinen schlagenden "hohen Flammen" in diesem Bericht nicht fehlen, ist beinahe selbstverständlich (aaO. Seite 251). Vielleicht lag hier sogar der Ursprung dieser Sage. Trotz dieser Fehlkonstruktion erreichten diese Wunder-Krematorien nach dem Kommissionsbericht die folgenden Leistungen (aaO. Seite 261):

Krematorium I (Stammlager Auschwitz), das angeblich 24 Monate bestand, monatlich9 000
Krematorium II während 19 Monaten monatlich90 000
Krematorium III während 18 Monaten monatlich90 000
Krematorium IV während 17 Monaten monatlich45 000
Krematorium V während 18 Monaten monatlich45 000
Leichenverbrennungen, so daß insgesamt monatlich verbrannt wurden:279 000
Leichen. Unter Berücksichtigung weiterer Leichenverbrennungen im Freien sowie vorübergehender Ausfalle von Krematorien schätzte die Kommission, daß in Auschwitz-Birkenau insgesamt nicht weniger als 4 Millionen Menschen umgebracht worden seien.

Man beachte die "Genauigkeit" dieser Feststellungen, die erzielt wurde, obwohl nach dem Kommissionsbericht nur Trümmerreste der Krematorien zur Untersuchung zur Verfügung standen! Denn aus Zeugenaussagen lassen sich solche Feststellungen ja wohl nicht herleiten! und entsprechende Dokumente wurden mit Sicherheit nicht aufgefunden, da die Sowjets sie sonst vorgelegt hätten.

Selbstverständlich wurde auch keiner der Zeugen, auf die im Bericht Bezug genommen wurde, vor das Tribunal zitiert. Peinliche Widersprüche oder sogar Widerrufe wollte man sich wohl auch in diesem Zusammenhang ersparen. Der Bericht selbst ist -- daran kann seinem ganzen Inhalt nach keinerlei Zweifel aufkommen -- für Historiker vollkommen bedeutungslos. Schon die Tatsache, Daß er bereits am 6. Mai 1945 erstellt war, obwohl die Sowjets die Auschwitz-Region erst in der zweiten Hälfte des Monats Januar 1945 besetzt hatten, zeigt, Daß er mehr Spekulationen -- um nicht zu sagen Lügen -- als sichere Feststellungen enthält.

Die wesentlichsten Zeugnisberichte aus dem Nürnberger Hauptprozeß waren damit behandelt. Sie könnten -- wie wir gesehen haben -- die Legende vom "Vernichtungslager Auschwitz" kaum glaubwürdiger machen, auch wenn sie dem Tribunal für eine entsprechende "Feststellung" ausreichten. Historiker werden jedoch mit anderen Maßstäben messen müssen als jene "Richter", die nicht nach der Wahrheit suchten, sondern nach Beweisen für "deutsche Verbrechen", an die sie von vornherein glaubten und wohl auch glauben mußten [105].

Die an diesen Proze_ anschließenden 12 Nachfolgeprozesse, an denen nur noch die Amerikaner beteiligt waren, erbrachten zum Auschwitzkomplex keine zusätzlichen Aussagen von einigem Gewicht, da diese sonst in die einschlägige Literatur Eingang gefunden hätten. Selbst Reitlinger, der auch diese Prozesse für sein Buch "Die Endlösung" weitgehend und wohl ziemlich erschöpfend ausgewertet hat, belegt die These vom "Vernichtungslager Auschwitz" im wesentlichen nur mit den Angaben von Rudolf Höß aus dem IMT-Prozeß, soweit er sich nicht auf Zeugenberichte außerhalb dieser Prozesse stutzt.

Einen Zeugen aus dem gegen leitende Angestellte der IG-Farben Werke durchgeführten Verfahren wollen wir jedoch hier nicht übergehen, weil er uns auch später noch beschäftigen wird. Es handelt sich um einen gewissen Pery Broad, einen ehemaligen SS-Rottenführer aus der Politischen Abteilung des Stammlagers Auschwitz, eine recht undurchsichtige Figur. In englischer Kriegsgefangenschaft hatte er -- wie er als Angeklagter im Frankfurter Auschwitz-Prozeß bestätigte -- einen Bericht über das KL Auschwitz verfaßt, der ihm offenbar zu seiner baldigen Entlassung verhalf [106]. Was dieser Bericht, der eigenartigerweise über ein Jahrzehnt hindurch so gut wie unbekannt blieb, im einzelnen enthielt, läßt sich heute mit Sicherheit nicht mehr feststellen. Wir werden darauf noch an anderer Stelle zurückkommen. Vermutlich gaben die Engländer damals diesen Bericht an die Polen weiter? da sie Auschwitz trotz seiner Zugehörigkeit zum deutschen Reichsgebiet zu Polen rechneten. Die Polen hielten ihn dann wahrscheinlich zwecks weiterer "Bearbeitung" zunächst zurück, bevor sie ihn -- zur Zeit des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, der auch Broad auf der Anklagebank sah -- in Form einer gedruckten Broschüre an die Öffentlichkeit brachten. Inwieweit diese Broschüre mit dem Original übereinstimmt, ist zweifelhaft.

Von diesem Broad wurde nun im sog. IG-Farben-Prozeß zwar nicht der von ihm als Kriegsgefangener verfaßte Erlebnisbericht als Beweismittel verwertet, wohl aber eine eigens für diesen Prozeß abgegebene eidliche Erklärung im Umfang von sechs Seiten [107]. Ob Broad daneben auch persönlich als Zeuge gehört wurde, ist mir nicht bekannt.

In diesem Affidavit schildert Broad zunächst, wie er im Frühjahr 1942 vom Dienstgebäude der Politischen Abteilung aus eine "Vergasung" von etwa 200 Menschen im alten Krematorium von Auschwitz beobachtet habe. In Wirklichkeit hatte er -- wie seine Angaben erkennen lassen nur gesehen, Daß diese Menschen in den Hof des Krematoriums geführt wurden und daß sich zwei SS-Leute auf dem Dach des Krematoriums zu schaffen machten. Alles weitere beruht auf Vermutungen und Hörensagen, ebenso wie seine Angaben über den "Ende 1942" erfolgten Bau von "4 großen Krematorien, die mit Gaskammern verbunden waren", in Birkenau. Es erscheint fraglich, ob Broad selbst überhaupt jemals in Birkenau war. Im übrigen ist die Tendenz seiner damaligen Erklärung vor allem darauf angelegt, zu zeigen, daß einfach jeder, der in die Nahe von Auschwitz kam oder im Lagergelände beschäftigt war, von den Judenmorden in Auschwitz-Birkenau Kenntnis gehabt haben müsse. Broad erwähnt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die beim Bau der "Vernichtungsanlagen" beschäftigten Zivilarbeiter, die Reisenden vorbeifahrender Eisenbahnzuge, das Begleitpersonal der Judentransportzüge (Ordnungspolizei und Bahnbeamte), das SS-Personal, die Häftlinge und nicht zuletzt auch die Bevölkerung der umliegenden Gegend. Denn der Schein von etwa 10 Großen Brandstätten im Freien, wo -- so Broad -- "200--1000 Menschen jeweils auf Scheiterhaufen verbrannt wurden", sei "mindestens in einem Umkreis von 30 km noch sichtbar" und ebenso weit der "unverkennbare Geruch von verbranntem Fleisch zu bemerken" gewesen [108].

Es ist klar, daß diese ganze -- wie es eingangs heißt -- "freiwillig und ohne Zwang" abgegebene Erklärung der Belastung der angeklagten IG-Farben-Angestellten dienen sollte, die selbstverständlich nichts von diesen phantastischen Erscheinungen bemerkt hatten, weil es sie nicht gab. Das Broad-Affidavit wirkt schon durch seine übertriebene Darstellung unglaubwürdig, abgesehen davon, daß es zum ganz überwiegenden Teil offensichtlich nicht auf eigenen Beobachtungen Broads beruhen kann und lediglich Gerüchte wiedergibt.

In einem Punkt allerdings scheint mir dieses Affidavit von großer Wichtigkeit zu sein, wenn auch in einem anderen Sinn, als seine Urheber es sich vorgestellt hatten. Es heißt darin nämlich unter Ziffer 11: "Etwa 1944 wurde vom RSHA eine umfangreiche, von einer polnischen Widerstandsbewegung herausgegebene Schrift zur Stellungnahme durch Auschwitzer Stellen nach Auschwitz geschickt, die genaue Angaben über die Vergasung und alle sonstigen Vorgange und Aktionen in Auschwitz enthielt."

Hiermit wird -- sicherlich ungewollt -- zum Ausdruck gebracht, daß zentral befohlene, planmäßige Massenvergasungen in Auschwitz-Birkenau nicht stattgefunden haben können. Denn warum hätte sonst ausgerechnet das Reichssicherheitshauptamt, das angeblich durch die zentrale Schlüsselfigur Eichmann diese Massenvernichtungen steuerte, eine Stellungnahme zu den in der Schrift behaupteten Vorgängen anfordern sollen? Wenn also überhaupt etwas von diesen Vorgängen der Wahrheit entsprach, dann kann es sich nur um eigenmächtige Übergriffe von Einzelpersonen oder Personengruppen im KL-Bereich Auschwitz gehandelt haben. Diese Stelle im Broad-Affidavit beweist eindeutig, Daß von den vorgesetzten Kommandostellen sofort eingegriffen wurde, wenn irgendwelche Unregelmäßigkeiten in den KL zu ihrer Kenntnis gelangten. Wir wissen das auch aus den Aussagen der SS-Richter Dr. Reinicke und Dr. Morgen im IMT-ProzeB. Allerdings wurde Dr. Morgen seinen eigenen Angaben zufolge aus anderen Gründen mit Ermittlungen in Auschwitz beauftragt. Die in der Schrift der polnischen Widerstandsbewegung behaupteten Vorgange durften sich also damals als gegenstandslos erwiesen haben.

Übrigens wird es sich bei der von Broad erwähnten Schrift vermutlich um jene Berichtssammlung über die "Vernichtungslager Auschwitz und Birkenau" gehandelt haben, deren Entstehung heute noch im Dunkeln liegt und die damals vielen einflußreichen Stellen in der Welt -- so z. B. dem Vatikan und dem International en Roten Kreuz in Genf -- zugeleitet wurde, bevor sie im November 1944 auch in Washington als Report des War Refugee Board veröffentlicht wurde. Broad als Angehöriger der Politischen Abteilung des KL Auschwitz wird sie mit Sicherheit selbst gelesen haben, so daß damit auch klar wird, woraus er im wesentlichen sein "Wissen" schöpfte, soweit sein als Gefangener verfaßter Bericht und sein Nürnberger Affidavit überhaupt aus seiner Feder stammten.

Wir können damit die Reihe der zu unserer Untersuchung in Beziehung stehenden Aussagen aus den "Kriegsverbrecher"-Prozessen der Alliierten abschließen. Wenn man ein Fazit ziehen will, so kann es nur in der Feststellung bestehen, daß diese Prozesse Aussagen von einiger Bedeutung ebensowenig wie Dokumente zur angeblichen Judenvernichtung in Auschwitz-Birkenau zutage gefordert haben. Die Zeugen machten durch ihre verschwommenen und vagen Angaben die Legende eher noch unglaubwürdiger, als sie es ohnehin schon war. Einen entscheidenden Stoß, der freilich von den Prozeßbeteiligten völlig ignoriert wurde, erhielt sie durch die widerspruchsvollen Angaben der beiden Hauptzeugen des IMT-Prozesses über den eigentlichen Ort der behaupteten Massenvernichtungen. Der ehemalige Kommandant Höß plazierte die Vernichtungsanlagen -- darin mit dem WRB-Report und der sich später entwickelnden "offiziellen" Darstellung übereinstimmend -- in Birkenau, wahrend der ehemalige SS-Richter Dr. Morgen sie im Monowitzer Industriegebiet ansiedelte. Beide Standorte liegen, wie jeder Karte entnommen werden kann, viele Kilometer voneinander entfernt: der eine (Birkenau) etwa 3 km westlich, der andere (Monowitz) etwa 4-5 km ostwärts der Stadt Auschwitz [109].

Kein Wunder also, Daß es zunächst still um das "Vernichtungslager Auschwitz" wurde, als die Nürnberger Prozesse im Jahre 1949 ihren Abschluß gefunden hatten.


Anmerkungen

  1. Butz aaO. Seiten 175-1 76 und 264-277; "Jahrhundert-Betrug", Seite 228 und 331 ff. Kramer hatte zunächst in einer ausführlichen Aussage die Gaskammern und Massenvernichtungen in Auschwitz als Unwahrheit bezeichnet. In einem ergänzenden statement, das vermutlich nicht ganz freiwillig abgegeben wurde, "bekannte" er dann, daß es in Birkenau eine mit dem Krematorium verbundene Gaskammer gegeben habe, während er dort Lagerf¸hrer gewesen sei. Allerdings sei er laut besonderer Anordnung des Kommandanten Höß dafür nicht zuständig gewesen, obwohl sich diese Anlagen in dem von ihm geleiteten Lager befunden hätten. Da Kramer nach eigenen Angaben von Mai bis November 1944 Lagerführer von Birkenau war, steht diese Darstellung im Widerspruch zur Legende, demzufolge es damals in Birkenau vier Krematorien mit Gaskammern gegeben haben soll. Die Ermittler im Belsen-Prozeß waren hier entschieden zu eifrig vorgegangen. Sie hatten es offensichtlich versäumt, sich mit dem Inhalt der erwünschten Legende -- etwa anhand des WRB-Reports -- vertraut zu machen. Sie hielten es offenbar auch nicht für nötig, zunächst das Ergebnis der in Nürnberg stattfindenden Verfahren abzuwarten, die ja erst die "Beweise" für die durch die Propaganda bekannten "Naziverbrechen" liefern sollten. Der vor einem britischen Militärgericht stattfindende Belsen-Prozeß begann nämlich schon vor dem großen IMT-Prozeß und war bereits im November 1945, als der IMT-Prozeß gerade begann, abgeschlossen worden. Kramer wurde im Dezember 1945 gehängt und war damit eines der ersten Opfer der Rachejustiz der Sieger.
    Kramer, der zuletzt Kommandant von Bergen-Belsen war, hätte sich ohne Schwierigkeit der Siegerjustiz entziehen können. Es spricht für sein gutes Gewissen, daß er den Engländern das von ihm geführte Lager korrekt übergab, obwohl er -- wie ein Teil der Wachmannschaft -- durchaus Gelegenheit zur Flucht gehabt hätte (vgl. den Bericht des ehemaligen Hauptmanns Nadolski in "Nation Europa" Nr. 5/1968).
  2. Dieser Prozeß fand vom 24. November bis 22. Dezember 1947 vor dem Obersten Volkstribunal in Krakau statt (Rawicz in "KL Auschwitz in den Augen der SS". Seite 215, Fußnote 30), nachdem Rudolf Höß schon vorher in einem besonderen Verfahren von demselben Gericht zum Tode verurteilt und am 16. April 1947 im Lager Auschwitz gehängt worden war (vgl. Reitlinger aaO. Seite 584).
  3. Insoweit ist z. B. auf die Fußnoten von Rawicz zum Tagebuch von Prof. Kremer hinzuweisen (KL Auschwitz in den Augen der SS. Seiten 215 ff. ) . Ferner werden in "Faschismus-Ghetto-Massenmord" Auszuge aus der Aussage von Rudolf Höß vor dem polnischen Obersten Volkstribunal (Akten des Höß-Prozesses, Band XXI. Seite 3f.. 160-181) wiedergegeben, die wörtlich mit Teilen der Höß zugeschriebenen Aufzeichnungen "Kommandant in Auschwitz" übereinstimmen. Die Übereinstimmung ist ungewöhnlich, weil man schriftlich Niedergelegtes ja schließlich nicht auswendig lernt. Vgl. "Faschismus -- Ghetto-Massenmord" Seiten 374-377 einerseits und "Kommandant in Auschwitz" Seiten 153-156 und 162-163 andererseits.
  4. Inkonsequenterweise unterläßt man die entsprechende Folgerung, nachdem sich herausgestellt hat, daß alle Gaskammergeschichten, die über die im Reich gelegenen KL verbreitet worden waren, Schwindel sind. Über den Gaskammerschwindel von Dachau vgl. die Abhandlung von Erich Kern in "Meineid gegen Deutschland" (aaO. Seiten 233 ff.). Nach einer von Kern zitierten Zeugenaussage sollen die Amerikaner im KL Dachau sogar vier neue, aber nicht gebrauchsfähige Krematoriumsöfen zur weiteren Aufbauschung der Lügen über dieses KL installiert haben (aaO. Seiten 26W262).
  5. IMT VI, 228 ff.
  6. IMT VI, 234.
  7. "Auschwitz 1940-1945". Seite 92. Smolen hat seine Behauptungen vermutlich dem Bericht von Kitty Hart entnommen (vgl. aaO. Seite 77).
  8. IMT VI, 240.
  9. IMT VI, 241.
  10. IMT VI, 242.
  11. IMT VI, 242.
  12. IMT VI, 255.
  13. IMT VI, 250-251.
  14. Zum folgenden vgl. IMT VIII, 350-352.
  15. Dieses Foto stammt aus der Zeitschrift "Sowjetunion" Nr.3/1975 und ist in "Denk mit", Folge 3/1975, auf den Seiten 56-57 veröffentlicht.
  16. Adler/Langbein/Lingens-Reiner aaO. Seiten 9 und 384. Anne Frank stark vermutlich Anfang 1945 in Bergen-Belsen an einer der Seuchen, die dort während der letzten Kriegsmonate infolge Versorgungsschwierigkeiten und Überbelegung des Lagers mit Neuankömmlingen aus den KL der evakuierten Ostgebiete zahlreiche Opfer forderten. Vgl. zum KL Bergen-Belsen die Berichte des Amtsgerichtsrats von Briesen und des ehemaligen Hauptmanns Nadolski in "Nation Europa" Nr.5/1968; sie sind auch zitiert bei Heinz Roth, "Was geschah nach 1945". Teil 1, Seiten 57ff.
  17. IMT XI 259ff., insbesondere 267-270.
    Auch den amerikanischen Gefängnispsychologen Gilbert erklärte Kaltenbrunner zu den angeblichen Massenmorden in Auschwitz und anderen KL: "Ich gab weder Befehle noch führte ich sie aus. Sie haben keine Ahnung, wie geheim diese Dinge selbst vor mir gehalten wurden."
    Auch Kaltenbrunner befolgte also die Taktik, die angeblichen Vernichtungsaktionen als solche nicht in Frage zu stellen. Übrigens sollen ihn die anderen Angeklagten, die größtenteils infolge der erhaltenen "Gehirnwäsche" an die Judenvernichtung glaubten, gemieden haben, weil sie sich nicht vorstellen konnten, daß er von den KL-Verbrechen als Chef des RSHA nichts gewußt haben sollte (Gilbert aaO. Seiten 248-251) . Diese Schlußfolgerung ist logisch, wenn es diese Aktionen gegen die Juden tatsächlich gab. Daß gerade Kaltenbrunner bestritt, etwas davon gewußt zu haben, war daher in seinem Falle taktisch wohl verfehlt. Es half ihm auch nichts. Er wurde vom Tribunal ebenfalls zum Tode verurteilt und am 16. Oktober 1946 gehängt.
  18. IMT XI, 283; sein Affidavit PS-2376 (IMT XXX, 29W291) ist ebenfalls unergiebig. SS Standartenführer Dr. Rudolf Mildner wurde 1949 aus der Nürnberger Zeugenhaft entlassen. Er wurde selbst niemals vor Gericht gestellt. Vgl. Reitlinger aaO. Seite 588 und Adler/Langbein/Lingens-Reiner aaO. Seite 419.
  19. So z.B. Reitlinger aaO. Seite 123.
  20. Vgl. Affidavit vom 26. November 1945, Dok. 2738-PS (IMT XXXI 85-87) und IMT XI, 255-257, 285ff. Höttls Aussagen beschränkten sich auf diese schriftlichen Erklärungen. Als Zeuge brauchte er vor dem Tribunal nicht persönlich zu erscheinen, vermutlich deshalb, weil er nach eigenen Angaben während des Krieges für die Alliierten gearbeitet hatte; vgl. Härtle, "Freispruch für Deutschland, Seiten 190-191.
  21. Wisliceny sagte als Zeuge der Anklage vor dem Tribunal persönlich aus: IMT IV, 393ff. und 412ff.
    Er erklärte sich wahrscheinlich zur Zusammenarbeit mit der Nürnberger Anklagebehörde bereit, um sich vor dem tschechischen Galgen zu retten. Nach eigenen Angaben war er für die Verschickung griechischer und ungarischer Juden nach Auschwitz verantwortlich, hatte dieses Lager jedoch selbst nie gesehen.
    Während seiner Gefangenschaft in Preßburg soll er eine weitere vom 18. November 1946 datierte schriftliche Aussage verfaßt haben, die von Poliakov/Wulf in "Das Dritte Reich und die Juden" (Seiten 87ff.) veröffentlicht ist.
    Wisliceny wurde im Juli 1948 in Preßburg zum Tode verurteilt (Reitlinger aaO. Seite 594).
    Zur Bewertung von Wislicenys Angaben vgl. auch Servatius aaO. Seite 64.
  22. Eichmann befolgte in diesem Prozeß -- wie sich aus allen Darstellungen darüber ergibt -- die Taktik, die angeblichen Massenvernichtungen als solche nicht zu bestreiten, sondern nur die eigene Beteiligung daran in Abrede zu stellen. Vgl. z.B. Servatius, "Verteidigung Adolf Eichmann" und Nellessen. "Der Prozeß von Jerusalem" . Daß er von Auschwitz kaum etwas gesehen hatte, bestätigt Hannah Arendt in ihrem Buch "Eichmann in Jerusalem", Seite 124. Nach eigenen Angaben hatte er nur einmal in Auschwitz einer Leichenverbrennung im Freien beigewohnt (Nellessen aa O. Seite 237). Über "Vernichtungsanlagen" in Auschwitz wußte Eichmann nichts zu sagen.
  23. Hierzu auch Butz aaO. Seiten 174ff.; "Der Jahrhundert-Betrug", Seiten 226ff. Ferner Maser, "Tribunal der Sieger", Seite 113.
  24. Dok. SS-64, IMT XLII, 543ff., 548.
  25. Vgl. Harwood aaO. Seiten 10 und 12, deutsche Ausgabe Seiten 14 u. 17. Ebenso Maser, "N¸rnberg -- Tribunal der Sieger", Seite 176.
  26. Dok 4045-PS, IMT XXXIV. 110.
  27. Diese Datierung ergibt sich aus den heute als maßgeblich angesehenen Höß-Aufzeichnungen. Es soll sich im übrigen zunächst nur um kleinere Aktionen gehandelt haben; erst im Sommer 1942 hatten sich die Transporte nach Auschwitz "verdichtet" (vgl. "Kommandant in Auschwitz", Seiten 123 und 156).
    Vgl. hierzu auch Reitlinger, aaO. Seiten 173ff.
  28. In diesem Zusammenhang wird gelegentlich auch noch eine eidesstattliche Erklärung des Vizepräsidenten der Deutschen Reichsbank Emil Puhl zitiert, die die Anklagebehörde im IMT-Prozeß vorlegte (Dok. 3944-PS, IMT XXXIII, 570), so z. B. von Poliakov/Wulf in "Das Dritte Reich und die Juden" (Seiten 65-66) und von Neumann in "Ausflüchte unseres Gewissens (Seite 28, hier ohne Quellenangabe). Diese Erklärung war auch ein "Werk" Kempners. Puhl rückte bei seiner persönlichen Vernehmung vom wesentlichen Inhalt dieses Dokuments wieder ab, woraufhin er sich ebenfalls noch am selben Abend in einer Zelle des Nürnberger Gefängnisses wiederfand. Das wird natürlich bei Zitierung dieses Dokuments stets verschwiegen.
    Vgl. zu allem Springer "Das Schwert auf der Waage", Seiten 175-179. In diesen nachgelassenen Aufzeichnungen des ebenfalls im IMT-Prozeß angeklagten ehemaligen Goebbels-Mitarbeiters Hans Fritzsche wird ein interessanter Überblick über den Prozeßablauf aus der Sicht der Angeklagten gegeben. Fritzsche meint zwar, nachdem er den üblen Filmtrick der amerikanischen Anklagebehörde und seine Entlarvung geschildert hat, es sei lediglich bewiesen worden, daß der "Goldschatz" nicht in Frankfurt lagerte; er sei jedoch "nach glaubhaften Angaben" in einem Ausweichquartier entdeckt und von dort ins Depot der Reichsbank geschafft worden. Von wem diese "glaubhaften Angaben" stammen, sagt er allerdings nicht. Doch wer es nötig hat, zu unlauteren Mitteln der Beweisführung zu greifen, wird wissen warum.
    Es handelt sich übrigens insoweit um keinen Einzelfall der Anwendung übelster Täuschungsmethoden durch die alliierten Sieger. Wir wissen noch von mindestens einem weiteren "Dokumentarfilm" der Amerikaner, mit dem sie die Erschießung angeblicher KL-Häftlinge in Dachau zu beweisen suchten. Tatsächlich stellte dieser Film und die daraus entnommenen Bilder die Erschießung der SS-Wachmannschaften und der deutschen Lazarettinsassen von Dachau durch amerikanische Soldaten nach der Besetzung des Lagers dar. Vgl. die Aussage des ehemaligen deutschen Feldwebels Hans Linberger in Erich Kerns Buch "Meineid gegen Deutschland", Seiten 244-246, und "Denk mit", Folge 3/1975, Seiten 50-51 (mit Foto aus der französischen Zeitschrift "Historia", Ausgabe April 1970 und entsprechendem Bericht). Höchstwahrscheinlich war dieser Filmstreifen auch Teil des KL-Films, der im IMT-Prozeß als "Beweismittel" vorgeführt wurde und nach Gilberts Bericht die meisten Angeklagten stark beeindruckte (Gilbert aaO. Seiten 50-52). Lediglich der "verrückte" Heß soll damals zu Göring bemerkt haben: "Ich glaube es nicht."
    Bei Heinz Roth " Wieso waren wir Väter Verbrecher? " werden diese und weitere Täuschungsmanöver durch gestellte oder falsch deklarierte Filme beschrieben (aaO. Seiten 66-75).
  29. Ausführlicher mit Kempners Werdegang und Methoden als amerikanischer Anklagevertreter befaßt sich Butz aaO. Seiten 160 161 und 163-169; "Der Jahrhundert-Betrug", Seiten 210ff.
  30. Reitlinger aaO. Seite 588.
  31. Es ist überhaupt auffällig, daß keiner von denen, die wirklich über Auschwitz oder die Behandlung der Judenfrage im Dritten Reich etwas wissen mußten, den Zusammenbruch lange überlebte. Sieht man von Eichmann und dem letzten Kommandanten von Auschwitz, SS-Sturmbannführer Richard Baer, die man erst später ausfindig machte, einmal ab, so starben die letzten von ihnen mit dem Abschluß der alliierten Siegerjustiz. Es waren Pohl und der ehemalige Befehlshaber der Einsatzgruppe D, SS-Gruppenführer Ohlendorf, die am gleichen Tage durch Henkershand in Landsberg sterben mußten.
    Bemerkenswert ist insbesondere das Schicksal Himmlers, von dem Höß angeblich den Vernichtungsbefehl empfangen haben will. Himmler hatte sich freiwillig den Engländern gestellt und war von ihnen auch schon vernommen worden. Er soll sich dann, im Zimmer allein gelassen (!), mittels einer Giftkapsel selbst das Leben genommen haben.
    Diese Geschichte ist mehr als unwahrscheinlich. Man kann sich schwer vorstellen, daß ein so prominenter Gefangener, der über alle Einzelheiten der angeblichen Judenvernichtungen wie kein zweiter unterrichtet sein und auch sonst wichtigste Kenntnisse über die Politik des Dritten Reiches haben mußte, auch nur eine Sekunde unbeobachtet sich selbst überlassen blieb. Ferner ist unverständlich, weshalb das Ergebnis seiner ersten Vernehmung niemals bekanntgegeben wurde. Daß Himmler sich selbst stellte, könnte ein Indiz für sein gutes Gewissen sein. So ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, daß er aus dem Wege geräumt wurde, weil von ihm wirksamer Widerstand gegen die Vernichtungslegende zu erwarten war.
    Ähnlich liegt der Fall des letzten Auschwitz-Kommandanten Baer, der im 4. Kapitel noch zu behandeln sein wird.
  32. IMT XX, 473 ff. SS-Oberführer Günter Reinicke war Amtschef im Hauptamt SS-Gericht und Chefrichter des Obersten SS- und Polizeigerichts.
  33. IMT XX, 518 520.
  34. IMT XX, 524.
  35. Reinicke war zwar offiziell "Entlastungszeuge" für die SS, mußte aber bei dem mit der Verteidigung offenbar abgesprochenen Entlastungskonzept zwangsläufig letztlich zum Belastungszeugen werden. Immerhin enthält seine Aussage aber auch manches Positive über die SS und die KL. Er ist jedenfalls nicht zu vergleichen mit jenen "deutschen" Belastungszeugen, die sich freiwillig den Anklagebehörden zur Verfügung stellten und von denen Göring gesagt haben soll:
    "Mir wird schlecht, wenn ich sehe, wie Deutsche ihre Seele an den Feind verkaufen!" (Gilbert aaO. Seite 115)
  36. SS-Sturmbannführer Dr. Konrad Morgen war während des Krieges als Ermittlungsrichter der SS tätig. Vor dem Kriege war er Richter am Landgericht Stettin gewesen. Er praktiziert heute als Rechtsanwalt in Frankfurt/Main. Er brachte nach eigenen Angaben als SS-Richter 200 Fälle zur Aburteilung und verhaftete persönlich fünf KL-Kommandanten wegen bestimmter Verbrechen in den von ihnen geführten KL; zwei von ihnen wurden in den gegen sie durchgeführten SS-Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt und erschossen.
    Morgen erwies sich aus unerfindlichen Gründen in mancherlei Hinsicht dem Tribunal mit seinen Aussagen gefällig, indem er seine Ermittlungen teilweise so darstellte, als hätten sie sich auf die von der Anklage behaupteten planmäßigen Judenvernichtungen bezogen, was zweifellos nicht der Fall war (vgl. auch Langbein, "Menschen in Auschwitz", Seite 273). Die von ihm beigesteuerten Einzelheiten paßten allerdings, wie wir noch sehen werden, wieder einmal nicht ins Bild, soweit sie sich auf das "Vernichtungslager" Auschwitz bezogen.
  37. IMT XLII, 551 ff.
  38. IMT XLII, 563 ff.
  39. IMT XX, 532ff.
  40. IMT XX, 550.
  41. IMT XX, 551.
  42. IMT XI, 438ff., 441.
  43. IMT XX, 552.
  44. Höß wurde mit Wirkung vom 10.11.1943 mit der Wahrung der Geschäfte des Amtschefs D I (Politische Abteilung der Inspektion der KL) des WVHA beauftragt. Vgl. "Kommandant in Auschwitz", Seite 130 (Fußnote 3), Reitlinger aaO. Seite 584.
    Nach einer brieflichen Mitteilung der Witwe des Kommandanten Höß an den Verfasser, war Höß ein halbes Jahr vor seiner Versetzung nach Berlin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im Dienst. Mit den Birkenauer Krematorien kann er demnach kaum noch etwas zu tun gehabt haben, da das erste von ihnen frühestens im März 1943 in Betrieb genommen wurde (Reitlinger aaO. Seite 167).
  45. Auch Morgen sollte der Verteidigung als Entlastungszeuge für die SS-Organisation dienen. Die Gesamttendenz seiner Aussage lief -- wie bei Reinicke darauf hinaus, die angeblichen Judenvernichtungen als Tatsache zu bestätigen. dabei aber immer wieder zu betonen, daß der "Kreis der Wisser um diese Dinge... ein außerordentlich begrenzter" gewesen sei. Doch was er zur Vernichtungslegende beisteuerte, entsprang offensichtlich allein seiner Phantasie. In seinem Affidavit SS-67 vom 19. Juli 1946 (IMT XLII,563 ff.) hatte er die Reihenfolge der Verantwortlichkeiten für die Judenvernichtung wie folgt bezeichnet: Hitler, Himmler, Eichmann, Höß bzw. andere KL-Kommandanten; das wollte er angeblich u. a. von dem Reichsarzt-SS Dr. Grawitz erfahren haben (vgl. oben Seite 172).
  46. IMT XX, 560-561.
  47. Die Aufzeichnungen wurden erst im Jahre 1958 vom Institut für Zeitgeschichte, München, in Zusammenarbeit mit polnischen Regierungsstellen (!) herausgegeben. Prof. Dr. Martin Broszat schrieb eine Einleitung hierzu und versah das "Dokument" mit Fußnoten, die jedoch eine quellenkritische Wertung weitgehend vermissen lassen. Heute ist Prof. Broszat zum Leiter des Instituts für Zeitgeschichte aufgestiegen. -- Die "Aufzeichnungen" werden unter Abschnitt III dieses Kapitels noch gesondert abgehandelt.
  48. Nach Broszat, Einleitung Seite 7-8 (Fußnote 1) zu den Höß-Aufzeichnungen "Kommandant in Auschwitz".
  49. Nbg. Dok. NO-1210.
  50. Nbg. Dok. 3868-PS, IMT XXXIII,275279; vgl. auch IMT XI,458-461 und Poliakov/Wulf, "Das Dritte Reich und die Juden", Seiten 127-130.
  51. IMT XI, 438ff.
  52. Gilbert aaO. Seiten 448-450.
  53. Nbg. Dok. NI-035/037 und NI-039/041.
  54. "Kommandant in Auschwitz", Seite 145. Bei meinen Nachforschungen wurde mir von verschiedenen Seiten glaubwürdig bestätigt, daß Höß bei seiner ersten Vernehmung schwer mißhandelt wurde.
  55. "Kommandant in Auschwitz", Seite 145, Fußnote 1.
  56. Derartige Methoden waren bisher nur aus Nebenprozessen der Alliierten zuverlässig bekannt. Auf Grund der Forschungen Werner Masers ist es aber offenbar auch im Nürnberger Hauptprozeß, dem sog. IMT-Prozeß, nicht anders gewesen, der bis jetzt im allgemeinen als ein "fairer Prozeß" dargestellt wurde. Vgl. Maser, "Nürnberg-- Tribunal der Sieger", Seiten 72,80-82, 99-121. Vgl. hierzu auch Butz aaO. 189-190; deutsche Ausgabe S. 247-248.
  57. IMT XI, 446.
  58. "Anatomie des SS-Staates", Band 2, Seiten 158-159 (Broszat) und 445-446 (Krausnick).
  59. Butz aaO. S. 122-123; deutsche Ausgabe S. 163.
  60. "Ich verstehe Englisch, in welcher Sprache obenstehender Text niedergelegt ist. Die obigen Angaben sind wahr; diese Erklärung gab ich freiwillig und ohne Zwang ab. Nach Durchlesen der Angaben habe ich diese unterzeichnet und vollzogen in Nürnberg, Deutschland, am fünften Tage des April 1946. Rudolf Höß. "
  61. Vgl. zum folgenden "Kommandant in Auschwitz", Seiten 23-53 mit den entsprechenden Fußnoten von Broszat.
  62. Servatius, "Verteidigung Adolf Eichmann", Seite 63.
  63. Eine ausgezeichnete Analyse des Höß-Affidavits enthält das Buch von Butz, Seiten 103-132 aaO.; deutsche Ausgabe Seiten 135-163.
  64. IMT XI, 440-441.
  65. Die Krakauer Höß-Aufzeichnungen enthalten weitere unterschiedliche Angaben zum Beginn der angeblichen Judenvernichtungen in Auschwitz, die jedoch allesamt nach dem im Affidavit angegebenen Zeitpunkt (Sommer 1941) liegen. Vgl. "Kommandant in Auschwitz", Seiten 123, 154-155.
    Fragwürdig ist auch der angebliche Treblinka-Besuch von Höß, zumindest hinsichtlich des im Affidavit angegebenen Zeitpunkts; vgl. Butz aaO. S. 104; deutsche Ausgabe Seiten 136-137.
  66. IMT XI, 442. Die berühmten beiden "Bauernhäuser", in denen die Vergasungen bis zur Fertigstellung der Krematorien vorgenommen worden sein sollen, tauchen erst in den Krakauer Höß-Aufzeichnungen auf; vgl. "Kommandant in Auschwitz", Seiten 123,154-156. In der von Höß angeblich für den Gefängnispsychologen Gilbert im April 1946 verfaßten Erklärung ist nur von einem alten Bauernhaus als zusätzlichem Gasraum (neben vier Krematorien) die Rede. vgl. Gilbert aaO. Seiten 448-450. 100a) Nach englischem Recht bleibt der Kronzeuge -- also der seine Komplizen belastende Mittäter -- straffrei.
  67. Gilbert aaO. Seite 448.
  68. So auch Rassinier, "Das Drama der Juden Europas", Seite 54.
  69. Für die Widersprüche könnte natürlich auch die Wiedergabe des Gehörten durch Gilbert ursächlich gewesen sein. Abgesehen hiervon war Gilbert von jeder Objektivität weit entfernt, wie verschiedene Bemerkungen in seinem Buch erkennen lassen. So gibt er an, den "Beweis für das Nazi-Barbarentum an Orten wie dem Dachauer Konzentrationslager" schon gesehen zu haben (aaO. Seite 9).
    Gilberts Aufgabe als Gefängnispsychologe bestand vor allem darin, die Angeklagten und Zeugen unter Kontrolle zu halten, damit der Kommandant jederzeit "über ihre seelische Verfassung unterrichtet blieb" (aaO. Seite 9). Er hatte sie aber wohl überhaupt zu bespitzeln und im Sinne der Anklage zu "bearbeiten". Sein Rat wurde daher z.B. auch eingeholt, als es darum ging, eine neue Tischordnung für die Einnahme des Mittagessens der Angeklagten zu entwerfen (aaO. Seite 158).
    Seine Methode der Ausforschung bestand nach seinen eigenen Worten "einfach aus zwangloser (!) Unterhaltung" (aaO. Seite 9). Als Psychologen mußte ihm aber eigentlich bewußt sein, daß unter den gegebenen Umständen niemals natürliche Reaktionen der Angeklagten zu erwarten waren.
    Er machte sich übrigens nie Aufzeichnungen in ihrer Gegenwart, sondern erst nach dem Verlassen der Zelle, manchmal erst am Abend des betreffenden Tages. Dabei kann in seinem Kopf manches durcheinander geraten sein.
    Über die Bemerkung Gilberts, die Angeklagten hätten ihm "unvermeidlich die eigenen Charaktere und Triebkräfte" enthüllt (aaO. Seite 10), kann man nur den Kopf schütteln. Zumindest liegt darin eine maßlose Überschätzung seiner Fähigkeiten als Psychologe. Klar zu Tage tritt das bei seiner falschen Einschätzung von Rudolf Heß (aa O. S .16- 17), die dieser -- wie Gilbert nicht verschweigt -- später selbst berichtigte (aaO. S. 57).
    Zusammenfassend läßt sich sagen, daß Gilberts Aufzeichnungen nur mit großen Einschränkungen als Geschichtsquelle zu verwerten sind. Im wesentlichen dürften sie nur einen Beitrag zur damaligen Prozeßatmosphäre bieten.
  70. Ngb. Dok. 008-USSR, IMT XXXIX, 241ff.
  71. Vgl. auch die Beiträge von Heinrich Härtle und Prof. Michael Connors in "Sieger-Tribunal" (Seiten 36ff., 97ff. aaO.).
  72. Auch Rawicz, der diesen Bericht in seinem Buch "KL Auschwitz in den Augen der SS" veröffentlicht hat (aaO. S. 137ff.), ist recht einsilbig bei seinen Angaben zur Person dieses Mannes (vgl. S. 8-10 aaO.).
  73. Nbg. Dok. NI-11984 (Fotokopie im Besitz des Verfassers). Das Dokument ist auszugsweise veröffentlicht von Gerhard Schoenberner in "Wir haben es gesehen", Seiten 277-280. Der Aufbewahrungsort des Originaldokuments ist natürlich -- wie bei fast allen Dokumenten solcher Art -- unbekannt.
  74. Während man in der Literatur gewöhnlich die Geheimhaltung der angeblichen Judenvernichtungen als nahezu perfekt bezeichnet, wird andererseits auch wieder auf diese unmögliche Darstellung Broads Bezug genommen, so z. B . von Reitlinger, der schreibt, daß die an Auschwitz vorüberfahrenden "Reisenden sich zu den Zugfenstern zu drängen pflegten, um den Anblick der Krematorienschlote zu erhaschen" (aaO. Seite 116).
    Ich selbst habe während meines Aufenthalts in der Gegend von Auschwitz (Juli bis September 1944) von all diesen Dingen weder etwas bemerkt noch aus Kreisen der dort ansässigen Bevölkerung etwas gehört. Auch in dem Bericht von Christophersen "Die Auschwitz-Lüge" ist für das Jahr 1944 von solchen Beobachtungen nichts erwähnt. Butz vertritt die Ansicht, daß der vor allem im Verlauf des NMT-Prozesses gegen Krauch und andere (IG-Farben-Prozeß) vielfach bezeugte "Gestank" von den Monowitzer Industrieanlagen gekommen sei; nur bei bestimmten Windrichtungen hätte man ihn auch in Auschwitz wahrnehmen können (aaO. Seiten 118-120; deutsche Ausgabe S. 155-158).
  75. Butz erwähnt noch das Zeugnis eines ehemaligen SS-Arztes Dr. Münch aus dem IG-Farben-Prozeß, wonach die Krematorien und Gaskammern "einen oder anderthalb Kilometer südwestlich des Birkenau-Lagers, getarnt durch einen kleinen Wald", gelegen haben sollen (aaO. S. 183; deutsche Ausgabe S.235) . Das Tätigkeitsgebiet dieses Zeugen lag in dem Nebenlager Rajsko, etwa 4 km südsüdostwärts von Birkenau. Er wußte -- wie man sieht -- aus eigener Anschauung über die "Vernichtungsanlagen" überhaupt nichts. Er is ein besonders markantes Beispiel für den typ des "Gefälligkeitszeugen".

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