DER VERRAT AUS LONDON
F: ... Man hat mich gebeten, Sie im Zusammenhang mit dem 20. Juli wegen einiger Handlungen der Briten danach zu befragen. Es gibt einen Bericht, daß die Briten kurz nach dem Scheitern Ihnen oder den Deutschen allgemein Hinweise über die Mitglieder der Verschwörung haben zukommen lassen. Kurzum, die Briten hätten Ihnen die Namen geliefert. Können Sie dazu überhaupt Stellung nehmen?
M: Ja. Das war ein schmutziges Geschäft. Völlig richtig. Meldungen der britischen Seite direkt über den Soldatensender Calais und eine andere Rundfunkstation nannten ganz öffentlich viele echte Verschwörer. Natürlich fand ich diese Nachrichten nicht verläßlich und wollte sie anfangs nicht glauben. Dann ermittelten wir sorgfältig und es stellte sich heraus, daß alles richtig war. Gott allein weiß, wie viele Leute ich über diese Quelle verhaften lassen konnte. Ich sollte noch sagen, daß meine Leute in Bern direkt von einem bekannten britischen Abwehroffizier Listen mit Namen, Stellung und Anschrift der Verschwörer, die mit der britischen Regierung vor dem Krieg in Verbindung standen, erhielten. Ich muß gestehen, daß fast das ganze Material echt war. Und als ich die Gefangenen verhörte, gaben sie ihre Verbindungen mit Großbritannien zu. Trott gehörte zu ihnen, wie ich mich erinnere.
F: Können ...oder wissen sie mehr, warum die Briten so etwas tun würden? Lieferten sie nicht diese Leute dem sicheren Tod aus?
M: Natürlich. Den einzigen Grund, den ich liefern kann, erfuhr ich von einem hohen neutralen Diplomaten, der zur
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damaligen Zeit in England war. Dieser Mann hatte ausgezeichnete Beziehungen zu höchsten britischen Regierungsstellen, d.h. zu Churchill. Es war Churchills Sonderanweisung, keine Anweisung allgemeiner Art..., uns diese Hinweise zu geben. Ich meine, Sie könnten sagen, Churchill war eine Kreatur, die gewisse Probleme hatte. Jemand wie Freud hätte sich mit ihm befassen mögen. Churchill ist wahrscheinlich gemeiner als irgendjemand, den ich in Deutschland kenne. Er haßte die Deutschen abgrundtief, und für ihn waren alle Deutschen schlecht und sollten getötet werden, auch solche, die gegen Hitler kämpften. Sie übergaben uns auch die Namen einiger deutscher Verräter, die in der Schweiz lebten. Natürlich gab es Probleme bei diesen Leuten, da sie in einem neutralen Land lebten. Immerhin segneten einige das Zeitliche und einige überquerten zufällig die Grenze nach Deutschland. Verstehen Sie ein solches Verhalten? Vom Standpunkt eines vernünftigen Menschen aus kann ich das nicht. Aber vieles, was Churchill tat, hat mit Vernunft nichts zu tun. Ein Psychiater könnte ihn verstehen, ich kann es nicht.
MU 13-75-96: 18; S. 79-80
Kommentar
Das Entdecken von deutschen Hitler-Gegnern, die mit der britischen Regierung in Verbindung standen, durch die britische Regierung selbst ist ein Thema, das bislang wenig Beachtung fand.* In Müllers Unterlagen finden sich
* Ein erstklassiger Bericht findet sich in Marie Vassiltchikows »Berlin Diaries, 1940 - 1945« (Berliner Tagebucher ..), 1987, S 218-219
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acht Mitschnitte aus Sendungen des »Soldatensenders Calais« sowie des »Senders Eins«. Dies wird durch einen Originalmitschnitt mit offiziellen britischen Dienstmarken, der sich in der Hand eines privaten Sammlers befindet, bestätigt und paßt genau zu einem der Mitschnitte in Müllers Unterlagen. Churchill sagte zu seinem Mitarbeiter Brendan Bracken zu diesem Thema: »Je mehr Deutsche sich gegenseitig umbringen, umso besser.«
Die Persönlichkeit von Winston Leonard Spencer-Churchill muß in der Tat unter vornehmlich irrationalen Gesichtspunkten betrachtet werden. Es gibt ein Sprichwort, das sagt, daß die Welt mit sehr wenig Sinn regiert wird, und es gibt Zeiten, in denen man dieser Aussage hinzufügen könnte, daß sie oft mit Wahnsinn regiert wird.
Churchill wurde 1874 geboren und starb 1965. Sein Vater war Randolph Spencer-Churchill, ein Sohn des Herzogs von Marlborough. Der erste Herzog hieß John Churchill; er war einer der fähigsten militärischen Füher und starb kinderlos im Jahr 1772. Der Titel fiel an einen seiner Neffen, einen Spencer. Aus Höflichkeit erlaubte man der Spencer-Familie, ihrem Namen den Namen Churchill, durch einen Bindestrich getrennt, hinzuzufügen. Obwohl sich Winston Churchill oft und ausführlich seines großen militärischen Ahnen brüstete, war die Beziehung in der Tat mehr ehrenhalber denn tatsächlicher Art. Winston Churchill glaubte immer, er sei sei ein begabter Militärführer vom Schlage des ersten Herzogs. Aber seine Bemühungen als General endeten immer unglücklich, wobei er im allgemeinen dafür andere Leute verantwortlich machte. Die Weigerung, Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen, ist eine der weniger liebenswerten Eigenschaften Churchills.
Randolph Churchill starb früh an Syphilis. Diese Krankheit machte aus einem interessanten Politiker ohne Ein-
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fluß einen pathetischen Verrückten, der die letzten Jahre seines Lebens von der Öffentlichkeit ferngehalten werden mußte. Seine Mutter war eine geborene Jennie Jerome, eine Amerikanerin. Die Familie Jerome hatte bessere Tage gesehen, als Jennie Randolph kennenlernte. Ihr Vater Leonard spekulierte mit Aktien und hatte damals sein ganzes Geld verloren. So war es mehr eine Vernunft- denn eine Liebesheirat. Von der Herkunft her waren die Jeromes typische Amerikaner. Väterlicherseits hatte sie irisches und mütterlicherseits indianisches und jüdisches Blut. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Winston und Jack. Die Eltern lebten ihr eigenes Leben, und jeder suchte die Gesellschaft von anderen. Winstons Seele litt dementsprechend. Und sein ganzes Leben hindurch hatte sein lebhafter Wunsch nach Aufmerksamkeit offensichtlich seine Wurzeln in seinem Verlassensein als Kind. Als Mitglied der »4th Hussars« war Churchill 1896 in ein Gerichtsverfahren verwickelt, in dem er öffentlich angeklagt wurde, in große, unmoralische Handlungen im Stil Oscar Wildes § 175 verwickelt gewesen zu sein. Dieser Fall wurde außergerichtlich durch Zahlung eines Bußgeldes geregelt, und die Anschuldigungen wurden später zurückgezogen. 1905 stellte Churchill einen jungen Mann namens Edward Marsh, der später den Sir-Titel erhielt, ein. Die Mutter, die stets um die politische Karriere ihres Sohnes besorgt war, machte sich Sorgen, weil Marsh wegen seiner homosexuellen Neigungen bekannt war. Dieser Marsh wurde einer der besten lebenslangen Freunde von Churchill. Persönliche Briefe in privater Hand bestätigen die Natur und Dauer dieser Freundschaft.
Churchill wurde, wie Asquith einst sagte, von der Eitelkeit verzehrt. Und sein Glaube, daß er ein glänzender militärischer Führer war, führte ihn vom furchtbaren
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Unglück von Gallipoli (Erster Weltkrieg / Dardanellen) zu den Feldzügen des Zweiten Weltkrieges. Zur Verzweiflung und schließlich zur Wut seiner militärischen Berater mischte er sich fortdauernd in militärische Angelegenheiten. Seine politischen Ausflüge jedoch waren noch verhängnisvoller. Churchill konnte nicht lieben sondern nur hassen. Er war gegenüber jedem, der ihm einen Strich durch die Rechnung machte, nachtragend. Und eine Anzahl dieser ausgemachten Feinde starben während des Krieges, wie schon angedeutet, eines plötzlichen Todes. Einer seiner weniger angenehmen Charakterzüge neben seiner Weigerung, die Verantwortung für das Scheitern von Handlungen zu übernehmen, war die Fähigkeit, seine Meinung im Handumdrehen zu ändern.
Aus dem Anti-Amerikaner Churchill wurde durch eine 180%ige Kehrtwendung ein Pro-Amerikaner, als er sich einem Krieg gegenübersah, den er selbst entfacht hatte und nun nicht allein führen konnte. Aus dem Anhänger des deutschen Wiederaufbaus durch Hitler wurde der erbitterte Feind, nachdem er als Sprecher einer jüdischen Aktionsgruppe, die aus wohlhabenden Kaufleuten bestand, angeheuert wurde. Churchill pries nun Roosevelt öffentlich, um ihn hinter seinem Rücken allerdings weiterhin übelst zu verleumden. Der amerikanische Präsident war zunächst ein weitaus weitsichtigerer Politiker als Churchill. Um seinen Rachefeldzug zu unterstützen, mußte Churchill Waffen in den USA kaufen. Und Roosevelt nahm England dafür all sein Vermögen, um sich bezahlen zu lassen. Erst als England bankrott war, stimmte Roosevelt dem Lend-Lease-project (Leih- und Pachtvertrag) zu und bezeichnet es in einem Augenblick bösartigen Humors als Gesetz 1776, als es an den Kongreß ging. Hitlers Bombardierung englischer Städte war nicht das Vorspiel
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zu einer Invasion, sondern die Retourkutsche für Churchills vorherige Bombardierung deutscher Städte. Und Churchill nutzte die Androhung einer deutschen Invasion, um in den USA pro-britische Gefühle zu erzeugen. Die Androhung einer Invasion, in diesem Falle der USA, durch die Deutschen wird von vielen Historikern, wie z. B: Weinberg, als Grund angegeben, warum Roosevelt in den Krieg gegen Deutschland eintreten mußte. Weder die Deutschen noch die Japaner hatten je die geringste Absicht, eine Invasion gegen das kontinentale Amerika zu unternehmen.
Ausführliche Nachforschungen in den militärischen und politischen Archiven der beiden Länder haben keine Beweise ans Tageslicht gebracht, um diese Theorien zu unterstützen.
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