STAUFFENBERGS ENDE

Obwohl das Material zur Verschwörung des 20. Juli in den Müller-Dokumenten mehrere hundert Seiten umfaßt, befindet sich das wohl makaberste im Schlußkapitel.

F: Obwohl es für unser Gespräch nicht von Bedeutung ist, möchte ich Sie bitten, eine Frage zu den Nachwirkungen des 20. Juli zu beantworten. Ein Mitglied der Stauffen-berg-Familie hat nach dem Schicksal des Obersten gefragt...

M: Er wurde am frühen Morgen des 21. Juli im Hof des Hauptquartiers des Ersatzheeres in der Bendler-Straße erschossen.

F: Ich frage nach der Beerdigungsstätte. Es gab Gerüchte, daß die Leichen irgendwo in Berlin geheim begraben worden wären. Die Familie wünschte eine Bestätigung zu erhalten. Sie wissen nicht, das es Sie noch gibt. Doch ich habe hier einen Hinweis....

M: Die Leichen wurden zum St. Mätthäus-Friedhof gebracht und dort begraben. Am nächsten Tag ...oder fast noch am gleichen Tag war ich in einer Besprechung mit Himmler. Ich erwähnte ihm gegenüber, daß es wohl ein guter Gedanke wäre, die Leichen zu kennzeichnen. Weder Himmler noch ich hatten sie gesehen. Er stimmte zu und sagte, dies sei ein guter Gedanke. Ich regte an, ich wollte mich persönlich darum kümmern. Zudem stellte sich die Frage, wo die letzte Ruhestätte sein sollte. Ich sagte zu ihm, wir sollten nicht die geringste Spur hinterlassen, so daß unsere Feinde daraus Reliquien machten könnten. Er stimmte wiederum zu. Ich schlug vor, daß die

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Leichen nach ihrer Identifizierung völlig vernichtet werden sollten: durch Einäschern. Und die Asche sollte zerstreutwerden. Es herrschte allgemeine Zustimmung, aber dann kam die Frage auf, wie man sich der Asche entledigen sollte. Ich sagte, ich würde mich persönlich darum kümmern. Ich machte mich mit einer Gruppe von Spuren-sicherern auf zum Friedhof. Die Leichen wurden ausgegraben und mit und ohne Uniform fotografiert. Die Bilder gingen an Himmler und mich. Ich habe irgendwo einen Satz davon, wenn sie ihn wollen. Die Leichen waren nicht in bestem Zustand: Beck hatte Kopfverletzungen und Stauffenberg hatte natürlich schon vorher ein Auge und einen Arm verloren, ein Kugelloch in der Schulter nicht zu vergessen. Aber die Leichen konnten ohne nennenswerte Schwierigkeiten identifiziert werden. Wir ließen sie in Postsäcke legen und dann zu einem nahegelegenen Krematorium bringen und einäschern. Ich blieb dabei, um den Vorgang persönlich zu überwachen. Als alles vorbei war, blieb nur die Frage ›Wohin mit der Asche‹? Ich ließ die Asche in einen Metalleimer tun, der voller Sand (für Brandbomben) war und vergewisserte mich, daß keine Zähne oder sonstwas übrig blieb.

F: Ich kann mir vorstellen, daß dies keine angenehme Aufgabe für Sie war.

M: Falsch. Die Frage nach dem Verbleib der Asche wurde gelöst, als einer der Techniker den Direktor fragte, wo sich die Toilette befand. Ich begriff sofort, was mit der Asche zu tun war. Ich schüttete also den Inhalt des Eimers einfach in die Toilette und zog an der Kette. Nach zwei-oder dreimaligem Spülen war das Ganze vorüber. Erst dann ließ ich den Mann die Toilette benutzen. Den Eimer nahm ich mit und warf ihn in den Fluß. Empfehlen Sie der Familie, nicht allzu angestrengt nach dem armen Claus zu

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suchen. Ich würde sagen, er war in seinem richtigen Element. Ich erwähnte dies einmal gegenüber Göring, und er lachte recht lange und schickte mir eine Schachtel mit sehr guten Zigarren und eine Kiste ausgezeichneten Weines.

F: Ich glaube nicht, daß ich etwas von diesem Gespräch erwähnen werde. Auf keinen Fall außerhalb unserer Dienststelle. Wir betrachten Stauffenberg nicht als eine Art Held. Wir wissen schon einiges von ihm, nicht nur von Ihnen.

M: Wir hätten all das tun sollen, als er noch am Leben war.

MU 13-75-96: 18; S. 87-89

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