Die Erstausgabe des Rudolf Gutachtens auf vho.org/D/rga1
Vgl. auch die revidierte Fassung dieses Abschnittes, Stand Frühjahr 1999
3.4.2.3. Die möglichen Szenarien
Zunächst muß entgegen
den Realitäten postuliert werden, daß es in allen 'Gaskammern' Zyklon B-Einwurflöcher
gab. Andersartige Zyklon B-Zuführungen im Falle der Krematorien I bis III sind zwar
technisch vorstellbar, wären aber reine Erfindungen der Nachkriegszeit, da alle Zeugen
von Löchern in der Decke sprechen.
Selbst bei idealen, nicht realisierbaren Bedingungen, also der unmittelbaren Freisetzung
überhöhter Konzentrationen, ist mit dem Tod aller Opfer nicht vor 10
bis 15 Minuten zu
rechnen (siehe Erfahrung F.A. Leuchter bei Exekutionen, Abschnitt 3.1.,
S. 57, sowie Tabelle 8).
Bei Blausäuremengen entsprechend den Entlausungsaktionen (ca. 1 Vol.% mittlere
Endkonzentration oder 12 g pro m3), die langsam freigesetz werden und
die sich langsam verteilen scheint ein Tötungserfolg
in den nur mittelgroßen, geheizten angeblichen 'Gaskammern' der Krematorien IV und V, in
denen das Zyklon B auf den Boden zwischen die Opfer gekippt worden sein soll, innerhalb
von 20 bis 30 min. in Kombination mit dem eintretenden Sauerstoffmangel
möglich. In den Bauernhäusern
I und II würde im Winter bei kaltem Fußboden eine zusätzliche Verzögerung eintreten,
da der Fußboden durch die Körperwärme der Menschen kaum erwärmt würde (Die Opfer
bekommen höchstens kalte Füße). Ähnliches gilt für die 'Gaskammern' der Krematorien
II und III, die als unheizbare, feuchte Kellerräume ganzjährig kühl waren. Nach
Beurteilung der heute vorhandenen Einwurflöcher
kann das Zyklon B hier ebenfalls nur irreversibel zwischen die Opfer auf den Fußboden
gekippt worden sein. Der Einbau von
Apparaturen zur Entfernung des Präparates aus den Kellern nach der Exekution war nicht
möglich.
Die Aussage Pressacs[59], daß die 'Gaskammern' der
Krematorien IV und V länger zum Töten brauchten, als die der Krematorien II und III, ist
zumindest wegen fehlender Heizung der Leichenkeller I ('Gaskammer') der Krematorium II und
III falsch und müßte genau umgekehrt lauten.
Die Anwendung geringerer Mengen wird den Tötungserfolg von fern der Quelle stehenden Opfern stark verzögern durch die Atmung und Absorptionseffekte der Blausäure auf der feuchten Haut und auf eventuellen Ausscheidungen der quellennahen Opfer. Theoretische Endkonzentrationen von nur 1 g pro m3 (0,083 Vol.%), wie von Bailer, Wellers und Wegner den Zeugenaussagen zuwider angenommen[6,7,203], würden aufgrund der Absorption an Mauern und Menschen, besonders in Quellennähe, nie erreicht werden. Zweifelhaft ist, ob in den letzten Winkeln unter solchen Bedingungen auch über lange Zeiträume (Stunden) tödlich wirkende Konzentrationen erreicht werden können (größer 0,2 g pro m3, 0,017 Vol.%). Durch den Sauerstoffmangel in den angeblich gasdichten, mit Menschen angefüllten 'Gaskammern' würde auch unter solchen Bedingungen der Tod eintreten. Dies entspräche dem von Bailer beschriebenen, sich eventuell über Stunden hinziehenden, kombinierten Erstickungs- und Vergiftungstod, was aber im Gegensatz zu den Zeugenbekundungen eines schnell eintretenden Vergiftungstodes steht.
Eine wenige Minuten dauernde Tötung aller Opfer auch in größerer Entfernung von der Quelle, den meisten Zeugenaussagen entsprechend, würde wesentlich höhere Blausäure-Ausgangsmengen voraussetzen, als laut Zeugenaussagen angewendet worden sein sollen und nach Lage der begrenzten Zyklon B-Lieferungen angewendet worden sein können. Mit einer Mengenzunahme hätten sich die Sicherheitsprobleme, vor allem betreffs Explosivität in Quellnähe, dramatisch verschärft.
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